Frank Festa (Hrsg.): Der Cthulhu-Mythos 1976 - 2002
H. P. Lovecraft dem Leser phantastischer Literatur vorzustellen, das hieĂe Elen nach Athen tragen. Wie kaum ein anderer vor oder nach ihm hat der Einsiedler aus Providence, RI die unheimliche Literatur mit seinem Oeuvre geprĂ€gt. Obwohl ihm zu Lebzeiten der groĂe Erfolg und die Anerkennung versagt bliebt, hat er damals wie heute Kollegen und Freunde dazu inspiriert, sich er von ihm geschaffenen Welt anzunehmen, und um weitere Geschichten rund um die GroĂen Alten zu bereichern. Frank Festa hat es sich zur Aufgabe gemacht, die besten dieser ErzĂ€hlungen zusammenzutragen und in einer zweibĂ€ndigen Ausgabe dem deutschsprachigen Leser zugĂ€nglich zu machen. Nachdem die beiden BĂ€nde seit Jahren vergriffen waren, sind nun Neuauflagen erschienen. Die handwerklich vorbildlich gearbeiteten BĂ€nde sind nicht eben billig, die Frage ist, ob sie trotzdem ihren Preis wert sind. Um die Antwort auf diese Frage gleich vorwegzunehmen â ich denke, dass die gebotene Vielfalt und die vorzĂŒglichen Ăbersetzungen den Obolus, den man fĂŒr die beiden SammelbĂ€nde berappen muss sicherlich gut angelegtes Geld sind, nimmt man diese Titel doch gerne auch öfters einmal zur Hand, liest die eine oder andere Story erneut oder gar den ganzen Band wiederholt.
Nachdem im ersten Teil die Geschichten der Jahre 1917 bis 1975 enthalten waren, wendet sich der Herausgeber dieses Mal dem Zeitraum 1976 bis 2002 zu.
Gleich zu Beginn des Bande, an zweiter Stelle erwartet den Leser ein absolutes Highlight. Ramsey Campbell, ein Name, der schon lange fĂŒr QualitĂ€t im Weird-Fiction Bereich bĂŒrgt, berichtet uns in âDie Stimme des Strandesâ von zwei Bekannten, Freunden wage ich sie nicht zu nennen, die gemeinsam an der KĂŒste in einem einsamen Strandhaus einen Urlaub verbringen. Dass sie den Ruf der GroĂen Alten vernehmen, sich ihm hingeben und schlussendlich ihr Menschsein verlieren wird atmosphĂ€risch unheimlich dicht und gruselig beschrieben. Man vermeint förmlich den Ruf selbst zu vernehmen, hört angstvoll und doch gebannt nach drauĂen, wohl wissend, dass man in der relativen Sicherheit seines Heimes sitzt, aber doch mit einem nervösen Herzklopfen, ob da nicht doch etwas Dunkles, aus grauer Vorzeit seine FĂŒhler in unsere Welt ausstreckt. Diese Geschichte alleine wĂ€re es wert, das Geld fĂŒr das Buch zu berappen.
Daneben fielen mit von den insgesamt elf Geschichten ausgerechnet die BeitrĂ€ge Deutschsprachiger Autoren positiv auf. Sei es Michael Siefener, der in âBilderweltenâ vom Leben und Werk eines von den GroĂen Alten inspirierten Malers und dessen KĂ€ufer, in dessen Beschreibung man unschwer den Autor wiedererkennen kann portraitiert, oder Malte M. Sembten, der in âDie Krakelkult-Kampagneâ die moderne Werbemaschinerie in den Dienst Cthulhus stellt oder gar Christian von Aster, der uns i âEin Portrait Torquemadasâ von einer bitter-bösen und unheiligen Allianz der katholischen Kirche berichtet, sie alle fĂŒgen dem Mythos neue, ungewohnte Seiten hinzu, ĂŒberraschen den Leser durch so bislang nicht gelesene Motive und machen den Band zu einer wahren Entdeckung gerade auch fĂŒr Freunde der heimischen Autoren.
Frank Festa (Hrsg.): Der Cthulhu-Mythos 1976 - 2002.
Festa Verlag, Juli 2010.
310 Seiten, Gebundene Ausgabe, 26,00 Euro.