Ein Krimi muss nicht immer mit Erscheinen des Kommissars am Tatort beginnen. Dass es auch anders geht beweisen die Autoren mit ihren Kurzkrimis in diesem Buch.
In diesem Roman wird das Motiv einer schottischen Sagengestalt, dem Kelpie, aufgenommen. Die Legenden dieser Wassergeister sind auch in anderen Ländern verbreitet, hier hält sich die Autorin neben der Erwähnung der übrigen Bezeichnungen jedoch an den schottischen Begriff, obwohl die Handlung ausschließlich in Irland spielt. Kelpies treten in den Geschichten als Wildpferde auf, die wandernde Menschen in der Natur locken, sie zu besteigen und zu reiten. Doch das Bild ist trügerisch: Nach dem Aufsitzen tragen die Kelpies ihren Reiter zu einem See und ziehen ihn hinab in die Tiefe, um ihn schließlich seiner Seele zu berauben. Dieser Mythos wird von Riana O’Donnell vollständig aufgegriffen und verfeinert, so berichtet Ahi beispielsweise sehr detailliert von der Geburt eines neuen Kelpies, das von seinen Eltern mit der Seele eines schwachen Fohlens verbunden wird, das ihm dann später die Verwandlung ermöglicht. Die Sage wird dabei auf wundervolle Art und Weise Stoff des Jugendromans, der nach einem zugegeben ruhigeren Anfang mit jeder Seite mehr fesselt.
Als störend erweist sich der Wirbel um Ahis Namen. Zu Beginn, beim ersten Treffen, missversteht Viola diesen als Ali und glaubt daraufhin, dass der Junge Alistair heiße. Diesen Namen gibt sie auch an ihre Schulkameraden weiter, als sie Ahi als Austauschschüler in die Klasse schleust. Es kann schon mal passieren, dass auf einer Seite deshalb ein ständiger Wechsel des Namens stattfindet – je nachdem, wer Ahi mit welchem Anliegen anspricht oder erwähnt.
In den Formulierungen und Beschreibungen wird die Faszination, welche die in Spanien lebende Autorin Irland entgegenbringt, deutlich, und viele Naturerscheinungen laden zum Träumen ein und ein harmonisches Gesamtbild entsteht.
Ein tolles Leseerlebnis für Fans von fantasievollen Geschichten und eine neue Idee auf dem zurzeit sehr durch Vampire dominierten Jugendbuch-Markt. Empfehlenswert ist der Roman vor allem für Leser und Leserinnen ab 14 Jahren.
Riana O’Donnell: Ruf der Dämmerung.
Boje Verlag, April 2009.
413 Seiten, Gebundene Ausgabe, 17,95 Euro.