Theodor Lohse braucht die Sicherheit, die eine militärische Organisation bieten kann. Gut aufgehoben gefühlt hat er sich nur als Soldat im ersten Weltkrieg. Das richtige Leben, das zivile Leben, macht ihm Angst, weil er sich auf seine Menschenkenntnis verlassen und seine Mitmenschen einschätzen muß. Das schwarz und weiß von Freund und Feind fehlt ihm, deswegen sucht er sich sein eigenes Feindbild und findet es in mehrern Juden seiner Umgebung. In dieser Situation wird er von einer rechtsradikalen Organisation angeworben und verstrickt sich mehr und mehr darin, bis er sich aus dem Spinnennetz schließlich nicht mehr befreien kann.
Der Roman ist bereits Anfang der 20er Jahre erschienen und wirkt im Rückblick fast prophetisch. Er zeigt aber auch, wie sehr aus dem Leben gerissen Lohse aus dem ersten Weltkrieg zurückkehrt und wie er sich derart in den Judenhaß hineinsteigert und mehr und mehr auf die rechte Seite abrutscht.
Es ist kein einfacher Text, der hier vertont wurde. Ulrich Matthes liest ihn hervorragend, aber man muß dranbleiben. Kein Hörbuch für nebenbei, sondern eines von denen, mit denen man sich am besten bei Kerzenlicht auf die Couch legt.
Joseph Roth: Das Spinnennetz.
Diogenes, März 2009.
CD, 24,90 Euro.