Die Fantasy haben wir in dieser von Alisha Bionda und Michael Borlik herausgegebenen Anthologie beim Wort genommen. Vor allem fantasievoll sind die Geschichten.
Eine Militärbasis in Pakistan. Der Absturz eines Militärflugzeuges, an Bord dessen sich auch der General Zia Ul-Haq befand, sorgt im August 1988 für Aufsehen. Anlässlich dieses Unglücks begibt sich der Soldat Ali Shigri gedanklich zurück in die Vergangenheit, um den Hergang des vermeintlichen Unfalles zu erklären. Anderthalb Jahre zuvor wird Ali zur Rede gestellt, als sein Kamerad Obaid scheinbar desertiert ist. Er wird von Verhör zu Verhör, von Folter zu Folter geschleppt, da man ihm nicht glaubt, dass er von Obaids Fluchtplänen nichts wusste. Doch etwas scheint an der Sache faul zu sein und Ali Shigri setzt alles daran, das Unrecht, welches ihm widerfahren ist, aufzudecken, muss sich aber damit abfinden, nur ein Spielball zwischen verschiedenen Mächten zu sein.
In die Handlung findet man als Laie in Sachen pakistanischem Militär nur schwer hinein, obwohl die Geschichte bereits auf den ersten Blick interessant aufgebaut ist. Gearbeitet wird im Wesentlichen mit der Vorwegnahme besagten Flugzeugabsturzes im August 1988 – trotz der punktgenauen Zeitangabe ein fiktives Ereignis, das von erfundenen Personen bekleidet wird. Ali Shigri, aus dessen Perspektive etwa die Hälfte der erzählten Geschichte beschrieben wird, wendet sich nach Erwähnung des Absturzes gedanklich der Vergangenheit zu, hier insbesondere dem Verschwinden seines Kameraden Obaids. Es wird deutlich, dass die beiden eine besondere Freundschaft verband und Shigri enttäuscht ist über das Verhalten Obaids, der sich ohne ein Wort auf und davongemacht hat. Mit dieser Grundlage startet man als Leser in zwei Handlungsstränge, die zum einen Shigri folgen, zum anderen dem General Zia Ul-Haq, dessen Lebensgeschichte – so merkt man am Ende – untrennbar mit Shigri und Obaid verbunden ist. Die gewählte Erzählweise unterstützt besonders zu Beginn nicht immer diese Intention – ja, die wahre Brillanz des gewählten Stils wird erst relativ spät deutlich. Belohnt wird man deshalb am Ende mit einem Aha-Erlebnis, das wirklich nachwirkt! Denn mit jeder Seite, die man sich im letzten Drittel des Buches voranbewegt, kommen neue Erkenntnisse ans Licht und die beiden Säulen, aus denen die Handlung besteht, werden Stück für Stück zusammengeführt.
Die Lektüre kann durchaus als anspruchsvoll betrachtet werden, da vor allem der bereits erwähnte Rahmen durch das Militär einige Zusammenhänge nur untergründig sichtbar macht. In Nebensträngen werden immer wieder Konflikte zu Religion und Kultur, die in Pakistan auf vielfältige Weise vorhanden sind, aufgegriffen.
Bleibt man bis zum Ende am Ball, ist »Eine Kiste explodierender Mangos« ein geradezu brillantes Buch, bei dem man staunend zurückbleibt – des Weg zu besagtem Ende ist jedoch steinig.
Mohammed Hanif: Eine Kiste explodierender Mangos.
A 1 Verlagsgesellschaft, März 2009.
383 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,80 Euro.