Anders als die GebrĂŒder Grimm hat Hermann Hesse MĂ€rchen nicht gesammelt und niedergeschrieben, sondern erfunden und niedergeschrieben. Dementsprechend handelt es sich hier nicht um tradierte VolksmĂ€rchen, sondern um KunstmĂ€rchen, die eine gewollte Botschaft beinhalten. Besonders interessant ist, dass die Erstellungszeit dieser MĂ€rchen von 1906 bis 1932 reicht, also die Zeit vor den groĂen UmbrĂŒchen des 1. Weltkriegs, die Weltkriegszeit, die Weltwirtschaftskrise und ihre Folgezeit umfasst. Liest man sie aufmerksam, so spiegeln Hesses MĂ€rchen genau diesen Verlauf wieder. So handeln fast alle Texte aus der Zeit von 1914 bis in die 20er hinein vom Wert des Lebens und von der Frage nach dem Danach. Aber es gibt auch Texte ĂŒber menschliche Falschheit und menschliche Entwickelbarkeit. Die SchauplĂ€tze sind oft ferne LĂ€nder, in deren Fremdheit Hesse MĂ€rchenhaftigkeit hineinlegt. Venedig wird genauso Spielort wie China und unbekannte Inseln.
Wie bei allen MĂ€rchen gibt es klare Unterteilungen in Gut und Böse und zugespitzte Figuren. Hesses Botschaften sind meist unmissverstĂ€ndlich, aber auch zeitlos. Deswegen lohnt ihre LektĂŒre auch heute noch.
Hermann Hesse: Die MĂ€rchen (ab 1914).
Suhrkamp 2006.
272 Seiten, Taschenbuch, 9 Euro.