Liebesgeschichten ohne Kitsch? Geht das? Ja - und wie. Lesen Sie unsere Geschichten- Sammlung "Honigfalter", das meistverkaufte Buch im Schreiblust-Verlag.
Coraline Jones hat es nicht einfach. Zusammen mit ihren Eltern ist sie in den Ferien umgezogen, und so kennt sie noch keine Gleichaltrigen, die in der Nähe ihrer neuen Wohnung leben. Die Zeit wird ihr lang, im Haus selbst leben zwei alternde Schauspielerinnen und ein merkwürdiger Mann, der gerüchteweise einen Mäusezirkus dressiert. Selbst ihr zu Hause arbeitende Vater hat keine Zeit für sie.
Da kommt es ihr gerade recht, dass sie auf ein Rätsel stößt. Eine verschlossene Tür, die offensichtlich in eine angrenzende Wohnung führt. Und was macht man als Kind, wenn man Zeit hat – man lässt sich Dummheiten einfallen, und hört nicht auf das, was Erwachsene einem predigen.
Den Schlüssel zur Tür hat sie schnell gefunden, und schon öffnet sich ein Tor ins Verbotene. Aber Hoppla, da erwartet sie ihre eigene Wohnung, und Menschen, die sie ja alle kennt. Nur, dass diese Menschen ein wenig anders sind, als gewohnt. Nicht nur, dass sie statt Augen schwarze Knöpfe besitzen, so langsam machen sie dem aufgeweckten Mädchen Angst.
Die Flucht aus dem Haus endet nur zu bald im verwilderten Garten, wo ihr die schwarze Katze aus der Nachbarschaft begegnet. Nur dass diese plötzlich sprechen kann, und sie vor ihrer Knopfaugenmutter warnt. Denn die will unbedingt, dass auch Coraline auf ihre Augen verzichtet und ganz zu ihr zieht – und sie hat ein Druckmittel in der Hand, das Coraline in Schrecken versetzt – ihre wahren Eltern sind verschwunden ....
Neil Gaiman ist bekannt dafĂĽr, dass er phantasievoll und auf ganz eigene Art seine Leser an die Seiten zu bannen weiss.
In diesem bereits mehrfach veröffentlichtem Kurzroman, dessen filmische Umsetzung jetzt in die Kinos kommt, greift er ein altbekanntes Topic auf. Durch ein geheimnisvolles Tor gelangt der Protagonistin, in unserem Fall die junge Erzählerin in die Anderswelt. Erinnerungen an Lewis Carrolls „Alice im Wundelrand“ oder George MacDonalds „Lilith“ werden wach, denn auch Gaimans Anderswelt ist nur auf den ersten Blick eine heile Welt. Schaut man hinter die Kulissen, kommt einem schnell das Fürchten.
Zwar ist Coraline erstaunlich couragiert, und nimmt die Auseinandersetzung mit ihren Gegnern, die metapherhaft fĂĽr die Angst vor dem Unbekannten stehen auf, durchschaut recht schnell die Maskerade der netten Pseudo-Mutter, doch bleibt sie ĂĽber die ganze Handlung hindurch auch ein ĂĽberzeugend gezeichnetes Kind.
Wer die Werke Gaimans kennt, der weiß, dass eine der grossen Stärken des Autors in der Darstellung skurriler Figuren liegt. In der direkten Auseinandersetzung zwischen Coraline und ihrer Möchtegernmutter nimmt die Handlung dann immer phantastischere Züge an. Was uns und unserer Erzählerin auf den ersten Blick vertraut, ja anheimelnd vorkommt, das entpuppt sich bei näherem Hinsehen als etwas Schreckliches. Und dieses Furchterregende lässt sich nur besiegen, wenn man, wenn Coraline sich ihm stellt. Es geht um nichts Anders, als sich seinen Ängsten zu stellen und diese zu überwinden. Und dies hat Neil Gaiman in seiner unnachahmlichen Art in einen wohltuend kurzen Text verpackt, der sich aber aufgrund seines Themas eher an größere Kinder und Erwachsene als an Leser ab 10 Jahren richtet.
Neil Gaiman: Coraline.
Arena-Verlag, Juni 2009.
175 Seiten, Hardcover, 12,95 Euro.