Die Fantasy haben wir in dieser von Alisha Bionda und Michael Borlik herausgegebenen Anthologie beim Wort genommen. Vor allem fantasievoll sind die Geschichten.
Das Leben könnte so einfach sein, auch wenn man eine Hexe und zudem Kopfgeldjägerin in Cincinnati ist.
Rachel Morgans Dasein aber entwickelt sich immer mehr zu einer einzigen, unaufhaltsamen Katastrophe.
Nicht genug damit, dass sie mit dem örtlichen Vampirerben liiert ist, dessen Vampirvater sie höchstpersönlich bewusstlos geschlagen und in den Knast gebracht hat, dass ihre Freundin, natürlich ebenfalls von der beissenden Sorte sie anmacht und eine sexuelle Liebesbeziehung mit ihr sucht, dass gleich drei Dämonen in ihrem Heim, einer ehemaligen Kirche auftauchen und diese entweihen, jetzt macht auch noch ein Unbekannter Jagd auf Werwölfe – und ihr Rudelführer – so nebenbei ist sie auch noch Alpha eines Rudels – ist der Hauptverdächtige.
Noch schlimmer aber kommt es, als sie bei ihrem Intimfeind, dem Politiker, Milliardär und Drogenbaron Trent als Trauzeugin eingeladen wird. Und wie wir unsere Rachel kennen, bedeutet das nicht unbedingt eitel Sonnenschein fürs Brautpaar, zumal sie die Gelegenheit nutzt, um einige alte Rechnungen einzutreiben und mehr als einen der ach so abgehobenen Inlander-Herrschaften blosszustellen – doch die lassen sich das nicht so einfach gefallen, und Rachel muss auf bittere Art erfahren, dass für alles ein nur zu oft überteuerter Preis zu zahlen ist ...
Die ersten beiden Romane um die ungewöhnliche Kopfgeldjägerin Rachel Morgan, die in einer Welt, in der aufgrund einer Virusseuche die übernatürlichen Wesen ihr Coming-Out hatten ihren Lebensunterhalt durch die Jagd nach eben diesen Wesen verdient, boten spannende, temporeiche Unterhaltung par Excellence. Markante Figuren, ein überzeugendes Setting und eine Handlung, die voller unerwarteter Wendpunkte von einem Höhepunkt zum nächsten jagte sorgte dafür, dass die Leser von der gebotenen Kost begeistert waren.
Im dritten und vierten Teil nahm die Action dann ab, die zwischenmenschlichen, pardon zwischeninlanderischen GefĂĽhlswirrungen gerieten zunehmend ins Zentrum der Handlung.
Der fünfte Roman führt diese Entwicklung fort. Das liest sich zum Teil wie eine Sitcom, wer kann mit wem und wer nicht, wer buhlt um Anerkennung, wer verweigert diese und aus welchem Grund, das liest sich für Fans der nach wie vor vielschichtig gezeichneten Figuren durchaus interessant, vernachlässigt aber die Klientel, die nach rasanter, packender Action Ausschau hält. Zwar werden die Gestalten immer plastischer ausgearbeitet, ihre Motivation immer deutlicher, doch dies geht eindeutig zu Lasten der Action. Dass Leser ohne die Kenntnis der ersten Bände hilflos vor dem Genotenen stehen sei angemerkt.
Dass Kim Harrison die Fähigkeit rasante Abläufe zu schildern nicht verloren hat, beweist sie im grandiosen Show-Down zum Finale des Buches.
Die letzten rund 100 Seiten sind ein wahrer Genuss. Voller dramatischer Entwicklungen, voller überraschender Wendungen und mit einem Drive, der an die ersten beiden Romane der Serie erinnert packt die Autorin uns hier und nimmt uns mit auf eine Achterbahnfahrt die uns atemlos, ja geschockt zurücklässt.
Wenn das ganze Buch in dieser Art geschrieben wäre, der Band hätte mich vom Hocker gerissen. So aber sind rund 100 Seiten ein wenig dürftig, um dem Titel aus dem monatlichen Allerlei der Urban Fantasy Novitäten hervorzuheben.
Kim Harrison: Blutlied – Rachel Morgan Band 5.
Heyne, Juni 2009.
765 Seiten, Taschenbuch, 14 Euro.