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Sergeij Lukianenko: Wächter der Nacht
Jetzt bestellen bei amazon.de! Um dieses Buch kreise ich seit seinem ersten Erscheinen auf Deutsch im Oktober 2005 (das russische Original "Nochnoi Dozor" stammt aus den 90er Jahren). Es gilt als eine Art Geheimtipp in der Fantasy-Szene. Sein (Wieder-)Erscheinen in der BamS-Fantasy-Bibliothek hat nun erstens den Ausschlag gegeben, dass ich es mir endlich gekauft habe, zweitens rechtfertigt es eine Besprechung hier. Denn wir legen Wert auf Aktualität.

Um es vorweg zu nehmen: "Wächter der Nacht" von Sergej Lukianenko hat mir letztlich nicht gefallen, so dass ich froh war, als die 502 Seiten zu Ende waren.

Doch fangen wir mit dem Positiven an.

-) "Wächter der Nacht" geht von einer genial einfachen Grundidee aus: Die guten Magier achten in der Nacht darauf, dass die bösen Magier die Menschen nicht allzusehr malträtieren. Sie sind die Wächter der Nacht; die bösen Magier achten am Tag darauf, dass die guten Magier den Menschen nicht allzuviel Gutes tun. Sie sind die Wächter des Tages. Beide Seiten haben einen Waffenstillstand ausgehandelt, der gilt, so lange niemand die Regeln verletzt. Die Wachen sorgen für ihre Einhaltung.

-) Das Buch ist stilistisch viel besser als vieles, was man sonst in der Unterhaltungsliteratur vorgesetzt bekommt.

-) Die Handlung spielt mitten in Moskau. Ich finde es oft reizvoll, wenn das Element des Fantastischen in die Alltagsrealität hineinragt und nicht in fiktiven Ländern spielt. Schon bei E.T.A. Hoffmann war das so, später auch zum Beispiel bei Neil Gaiman ("Niemalsland", "American Gods").

-) Die Mischung aus Horror und Fantasy (kann man wohl als "Darkfantasy" bezeichnen) ist genauso selten wie interessant.

Doch das Negative überwiegt:

-) Die Handlung in "Wächter der Nacht" ist zuweilen reichlich verworren. Ich gebe zu, dass ich ihr nicht immer in allen Verästelungen folgen und nicht alle Entwicklungen nachvollziehen konnte. Ich gebe weiter zu, dass das möglichweise eher an mir liegt als am Buch. Etwas platt gesagt schmieden die beiden Chefs der Wachen ständig krude Geheimplände, hinter deren genauen Inhalt und Sinn weder die handelnden Figuren noch Leser blicken. Zwischendurch steigen alle auf das Dach eines Hochhauses zu gleich mehreren Showdowns mit Wind und Feuersblitzen.

-) "Wächter der Nacht" ist im Grunde in drei Episoden unterteilt, die fast schon für sich genommen eine jeweils geschlossene Handlung ergeben. Das geht eindeutig zu Lasten eines geschlossenen Ganzen. Das Buch wirkt nicht so homogen, wie man es bei einem "Roman" erwarten dürfte. Es wirkt so, als habe der Autor drei mehr oder weniger unabhängige Textteile zusammengepappt - um auf eine adäquate Länge zu kommen? - und einfach "Roman" drübergeschrieben. Dadurch hat das Buch eine sehr ungewöhnliche Spannungskurve. Das spannendste Teil befindet sich am Ende des ersten Teils, der sicherlich auch der beste ist.

-)Genretypisch weist der Text keinerlei Humor, dafür aber jede Menge Pathos auf. Beispielsweise verliebt sich der Ich-Erzähler Anton in eine Frau, die aber offenbar mehr Zaubertricks beherrscht als er selbst. Dieser Umstand ist für ihn Grund genug, sich ihr nicht weiter zu nähern. Warum um Himmels Willen darf ein Paar nicht zusammenkommen, bei dem die Frau mehr drauf hat als der Mann?

-) Die handelnden Figuren bleiben flach, bekommen kein Gesicht, keinen wiedererkennbaren Charakter, sind völlig austauschbar.

Gut, letztlich musste ich einsehen, dass "Wächter der Nacht" nichts für mich ist
- womöglich weil ich sehr häufig Schwierigkeiten mit dem Genre Fantasy habe. Etwas unschön ist, dass ich mir bereits die Fortsetzung, "Wächter des Tages" (2006), habe schenken lassen. Es kann gut sein, dass das noch etwas länger ungelesen in meinem Bücherregal schmort. Der Vollständigkeit halber will ich erwähnen, dass es noch zwei weitere Folgebände gibt: "Wächter des Zwielichts" (2006) und "Wächter der Ewigkeit" (erscheint im Mai 2007).

Versönhliches am Schluss: Die BamS-Fantasy-Bibliothek, aus der wir hier bereits Tad Williams' "Drachenbeinthron" vorgstellt haben, bietet sicherlich einen guten Einstieg ins Genre. Die Bücher sind vor allem in Relation zum niedrigen Preis (7,95 Euro) aufwändig gestaltet - mit Lesebändchen und Gravur auf dem Cover. Einzig das schneeweiße Papier ist gewöhnungsbedürftig.

Sergeij Lukianenko: Wächter der Nacht.
Weltbild-Verlag, Augsburg, Dezember 2006.
502 Seiten, Hardcover.

Andreas Schröter

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