Colleen Gleason: Bleicher Morgen – Das Buch der Vampire Band 1
Aufgrund eines Trauerfalls im engsten Familienkreis wird die mittlerweile neunzehnjährige Lady Victoria Gardella Grantworth erst mit zwei Jahren Verspätung als Debütantin in die feine Gesellschaft Londons eingeführt. Die Verzögerung hat die junge Dame, die nun ihre erste Ballsaison vor sich hat, allerdings gut genutzt. Nicht nur als perfekte Gastgeberin, als grande Dame von Welt, und amüsante Gespächspartnerin wurde sie ausgebildet, auch das Kämpfen, waffenlos und mit Holzpflock hat sie gelernt.
Sie werden es ahnen, in London gehen Vampire um, und unsere viktorianische Lady, die sich eigentlich auf dem Heiratsmarkt nach einer guten Partie umsehen sollte ist eine der Venatoren – Vampirjägern, die sich die Bekämpfung und Vernichtung der bösen Langzähne auf die Fahnen geschrieben haben.
Zwischen Tanzkarten, Ballsälen und Rendezvous macht sie sich auf, das Buch Antwartha vor Lilith, der Königin der Vampire und Tochter Judas Ischariots zu retten. Wenn, ja wenn ihr nicht so manches Mal ihre Zuneigung zu dem jungen Marquis Philip einen Strich durch ihre Rechnung machen würde ...
Neben den urban Fantasy-Mythen, die gegenwärtig en vogue sind hat sich auch eine weitere Spielart im Buchmarkt durchgesetzt. Romance Fantasy – eine Mischung aus Liebesroman und übernatürlichen Wesen eroberte die Herzen der vornehmlich weiblichen Fans. So ist es wenig verwunderlich, dass die Autoren auch die Faszination, die von der viktorianischen Ära ausgeht für sich nutzen, und aus diesen Bestandteilen eine flotte Geschichte anrichten.
Mit Geschick lässt die Autorin hier ihre Protagonistin auftreten. Bälle, prächtige Kleider, pompöse Frisuren und galante Herren, die Ingredienzien sind aus unzähligen Liebesromanen bekannt und weidlich erprobt.
Der grosse Unterschied zu den gängigen Romance Novels liegt in der Zeichnung der Heldin. Das ist einmal keine junge Frau, die sich nur um ihr Äusseres sorgt, die einzig die Eroberung eines solventen und gutaussehenden Herren aus bestem Hause im Kopf hat, nein das ist ein Dickkopf, der sich gegen Konventionen auflehnt. Erfrischend, so könnte man Victoria bezeichnen, wenn sie allen Moralvorstellungen zum Trotz ihren Weg geht, Fehler macht und für diese in harter Währung bezahlen muss. Mit dieser Heldin können die Leser-innen sich gut identifizieren, gerade auch weil diese nicht als unfehlbar und übernatürlich dargestellt wird.
Die romantischen Augenblicke, die prächtigen Feste sind ein logischer Bestandteil der Handlung, ohne dass sie diese dominieren würden.
Als Kritikpunkt ist die oberflächliche Darstellung der Handlungsorte zu erwähnen. Wir erfahren schlicht nichts über das London der damaligen Zeit. Gediegene Herrschaftshäuser, eine dunkle Spelunke und finstere Gassen – darin erschöpft sich das Repertoire der Autorin.
Insgesamt locker und flüssig lesbare Kost, die sich an eine vornehmlich weibliche Fangemeinde richtet, und die spannend, ja teilweise rasant vom Kampf gegen die bestialischen Vampire und ihre dunkle Herrin berichtet.
Colleen Gleason: Bleicher Morgen – Das Buch der Vampire Band 1.
Blanvalet, Mai 2009.
413 Seiten, Taschenbuch, 9,95 Euro.
