Die Fantasy haben wir in dieser von Alisha Bionda und Michael Borlik herausgegebenen Anthologie beim Wort genommen. Vor allem fantasievoll sind die Geschichten.
Max Frisch: Herr Biedermann und die Brandstifter (1958)
In der Stadt, in der der Fabrikant Gottlieb Biedermann mit seiner Frau lebt, gehen Brandstifter um. Trotzdem läßt er zwei dubiose Individuen auf seinem Dachboden leben, weil er unfähig ist, einfach „nein“ zu sagen. Die ersten bösen Anzeichen übersieht er, solange es irgend geht, aber irgendwann kann er es nicht mehr übersehen: die Benzinkanister, die Zündschnüre. Anstatt hier einen Schlußstrich zu ziehen, möchte Biedermann die Brandstifter zu seinen Freunden machen. Deswegen lädt er sie zu einem gemeinsamen Abendessen ein, in dessen Verlauf er ihnen die Streichhölzer für das Entzünden seines eigenen Hauses liefert. Biedermann und seine Frau kommen in den Flammen um, am Ende brennt die ganze Stadt nieder.
„Biedermann und die Brandstifter“ gehört zur Nachkriegsliteratur, die auf vielfältige Weise versucht hat, faßbar und erklärbar zu machen, was eigentlich in den Jahren zuvor geschehen ist. Feigheit, Opportunismus, Wegsehen sind die Verhaltensweisen, die letztendlich zur Katastrophe führen. Biedermann ist nicht böse im eigentlichen Sinn, er hofft bis zum Schluß darauf, daß doch noch alles irgendwie gut ausgeht. Er hat die Katastrophe nicht gewollt und doch mit zu verantworten. Das ist die Botschaft des Stückes und des Hörspiels und Frisch bringt diese Botschaft so unmißverständlich an, daß sich ein Entdecken wirklich lohnt. Zu jeder Zeit.
Max Frisch: Herr Biedermann und die Brandstifter (1958).
96 Seiten, Taschenbuch, 5 Euro.
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