Das Ruhrgebiet ist etwas besonderes, weil zwischen Dortmund und Duisburg, zwischen Marl und Witten ganz besondere Menschen leben. Wir haben diesem Geist nachgespĂŒrt.
Eine Frau sitzt alleine am Fenster ihrer neuen, nur spĂ€rlich mit Trödelmobiliar ausgestatteten Wohnung, wĂ€hrend sie auf einem alten Kassetten-Anrufbeantworter, den ihr der Trödler geschenkt hat, den Stimmen der vormaligen Besitzerinnen, deren LiebesgesĂ€usel, lauscht. Unten zieht ein Skater zu spĂ€ter Stunden einsame Runden auf dem Winterfeldplatz (Berlins gröĂter Marktplatz) Eine andere Frau klettert mit einem Freund aus Ăbermut auf dem Kran einer Baustelle herum. Sie können sich gerade noch vor einem tödlichen Sturz retten- genau in dem Moment, so lesen sie spĂ€ter, in dem Prinzessin Diana mit ihrem Liebhaber in Paris verunglĂŒckt. Ein Teenager, laut ĂŒber alles lĂ€sternd mit der Mutter auf Shoppimg-Tour. Eine auf jung gestylte Touristin, die in der Hauptstadt mal eine Frau aufreiĂen will. Das sind die Protagonisten in Tanja Schwarzâ erstem ErzĂ€hlband. GroĂstadtmenschen, AuĂenseiter und normale, Verlorene und AufmĂŒpfige, die sich nicht so leicht mit miĂlichen Situationen abfinden. Ausgangspunkt fĂŒr die Autorin sind alltĂ€gliche Erlebnisse auf der StraĂe, in der Kneipe, im Kiez. Aus eher zufĂ€lligen Begegnungen und Beobachtungen, aber auch aus den ErzĂ€hlungen anderer Leute, entwickelt sie ihre Geschichten. Was zunĂ€chst alltĂ€glich, ja banal anfĂ€ngt, spitzt sich oft zu ungewöhnlichen und skurrilen Situationen zu, entlĂ€dt sich mit anarchischer Wildheit. Mich persönlich sprechen mehr die âleisenâ Stories an, die von der subtilen Beobachtung des Menschlichen und Zwischenmenschlichen leben. Wie die Titelgeschichte oder die von der âSchwarzen Dohleâ, wo die Autorin die Landschaft Irlands und keltische Mythen mit der Trennung von der LebensgefĂ€hrtin verwebt.
Der ErzĂ€hlstil ist schnörkellos, die Sprache lakonisch, ein unaufdringlicher, feiner Humor schwingt immer mit. FĂŒr Leser, die Stadtgeschichten mögen, die sich nicht so sehr mit der Stadt, sondern mit Menschen und Situationen beschĂ€ftigen, die mehr aufs Detail denn auf knallige SchluĂpointen sehen und gewisse Anleihen an Popliteratur und Jugendkultur goutieren können.