Unsere Literaturzeitschrift Schreib-Lust Print bietet die neun besten Geschichten eines jeden Quartals aus unserem Mitmachprojekt. Dazu Kolumnen, Infos, Reportagen und ...
Das ist die Geschichte des Jungen David, der von sich sagt: "Ich bin David" und viel mehr weiß er auch nicht über sich. Er war in einem Lager, irgendwo. Jemand half ihm zu entkommen und jetzt weiß er nicht, wie er mit der Freiheit umgehen soll, denn er war noch niemals frei. Menschen hält er in erster Linie für gefährlich und in zweiter für seine Feinde und nur mit Mühe kann er sich hin und wieder überwinden, Hilfe anzunehmen. Langsam, ganz langsam erkennt er, dass die Welt auch schöne Dinge bereithält, wie eine Orange, deren Geschmack ihm fremdartig und köstlich erscheint. David strandet in Italien und was er noch weiß, weil es irgendeine tief verschüttete Erinnerung in ihm gibt, ist, dass er nach Holland muss. Das es in Holland gute Menschen gibt. Menschen, die vielleicht wissen, wer er außer David noch ist.
Anne Holm hat ein eindringliches Buch geschrieben. An keiner Stelle ist der Nationalsozialismus erwähnt, trotzdem ist der Bezug nicht zu übersehen. Der Leser erfährt alles einzig und allein aus Davids Sicht. An mancher Stelle möchte man ihm zurufen: "Ja doch, dem kannst du trauen.", aber David entscheidet selbst. Immer aus seiner Sicht der eingeschränkten Erfahrung, die das Lagerleben in seinen ersten paar Lebensjahren aus ihm gemacht hat. Das geht ans Herz, ohne auch nur eine Annäherung an Kitsch zu haben. Es zeigt Auswirkungen außerhalb dessen, was man normalerweise erzählt. Auswirkungen auf das Leben von jemandem, der doch schließlich entkommen ist. Da muss doch das Schlimmste vorbei sein, oder nicht?
Anne Holm: Ich bin David (1963).
Überreuter, 2002.
192 Seiten, Hardcover, ab 2,48 Euro.