Ein Krimi muss nicht immer mit Erscheinen des Kommissars am Tatort beginnen. Dass es auch anders geht beweisen die Autoren mit ihren Kurzkrimis in diesem Buch.
Stellen sie sich vor, sie sind ein junger, aufstrebender Reporter. Doch irgendwie scheinen die großen Geschichten immer an die etablierten Kollegen zu gehen, für sie selbst bleibt einzig die wenig berauschende Lokalberichterstattung übrig. Aus lauter Verzweiflung kontaktieren sie den bekanntesten und gefürchtetsten Mann der Galaxis, um mit dessen Absage wenigstens einen Beweis in der Hand zu haben, dass sie einmal in ihrem Leben mit einem der Grossen Verbindung hatten. Und dann kommt eine Zusage ...
An Bord eines der Raumschiffe der Flotte des Kriegsherren bekommt der Reporter Erickson die Chance seines Lebens – nicht etwa Face to Face, sondern über die Anonymität einer Funkkonsole darf er mit der Kriegsherren und Flottenführer Tambu sprechen – und dessen Erinnerungen an seinen Aufstieg sind so ganz anders, als erwartet.
Wie fasst der Reporter dies so treffend zusammen – Tambu hat einen solch starken Sinn für Pflicht und Loyalität, dass er so viel von sich selbst gab, dass nur noch wenig Menschliches übrig blieb – nur das Bild, das er von sich selbst schuf, mit der Hilfe all jener die ihm halfen oder gegen ihn waren (Seite 171).
In kurzen Abrissen, zeitlich voneinander getrennt werden immer wieder Wendepunkte in seiner persönlichen Entwicklung beleuchtet, berichtet der mysteriöse Anführer davon, wie er zum mächtigsten Mann der Galaxis aufstieg. Dabei wird das Bild eines Mannes deutlich, der Schuld auf sich geladen hat, ein Mann der Verantwortung trägt, ein Mann der gefürchtet wird, ein Mann aber, der bei all den Entscheidungen die er hat treffen müssen, immer das Wohl Anderer im Hinterkopf hatte. So ist der Mensch, der sich hinter dem Namen Tambu verbirgt ein von den Umständen getriebener, vereinsamter Mann, der nur eines will – nach seinen reinen Absichten beurteilt zu werden, auch wenn er selbst über die Jahre seine Menschlichkeit verloren hat.
Robert Apsrin, mit diesem Namen verbindet der Fan und Leser solch vergnügsame Serien wie die MYTH-Reihe (dt, Ein Dämon und ... – Bastei-Lübbe) oder die Phule-Romane (dt. ebenfalls bei Bastei-Lübbe). Dass der letzte Jahr viel zu früh Verstorbene auch durchaus ernste Romane verfasst hat, ist mittlerweile beinnahe vergessen.
Vorliegendes Frühwerk, das im Atlantis Verlag als Deutsche Erstveröffentlichung aufgelegt wird, zeigt uns aber auch schon die Stärken des Autors. Mit einigen wenigen Sätzen vermochte Asprin es, seinen Gestalten Tiefe zu verleihen und den Leser in seine Handlung zu ziehen.
In dem Episodenroman geht es um durchaus ernste Themen. Die Eigendynamik des Erfolges, das Opfern persönlichen Glücks für ein größeres Ziel, Schuld und Sühne, dies alles wird uns in einer abwechslungsreichen und durchaus packenden Handlung nahegebracht. Fasziniert beobachten wir, wie der Weg hin zum Heerführer scheinbar unaufhaltsam fortschreitet, wie Tambu dabei innerlich immer mehr verarmt. Die Frage, ob der Erfolg die Opfer wert ist, drängt sich auf.
Natürlich hat der Roman seine Schwächen – die Kürze des Werkes lässt Vieles offen, Beziehungen, Motivationen und die Nebendarsteller werden oftmals lediglich angedeutet. Dennoch beweist vorliegender Roman, dass Robert Asprin weit mehr konnte, als Slapstick-Komik rund um Aahz und Phule zu fabulieren, und dabei erstaunlicherweise, gerade bei dem Hintergrund des Romans, ohne große Schlachtenbeschreibungen auskam.
Erwähnenswert neben der gewohnt soliden Übersetzung von van den Boom, dass der Verlag dem Band ein informatives Vor- und ein Nachwort sowie eine Bibliographie beigegeben hat – solch Sorgfalt wünscht man sich von manchen der Grossen leider vergebens.
Robert Asprin: Tambu.
Atlantis-Verlag, Juni 2009.
190 Seiten, Taschenbuch, 12,90 Euro.