Mit seinen ErzĂ€hlungen ĂŒber die Zukunft hat sich Herbert W. Franke immer dicht an die Gegenwart gehalten und gesellschaftliche oder technologische Entwicklungen vielfĂ€ltig interpretiert. Der neue Roman âDie Flucht zum Marsâ von Herbert W. Franke liest sich wie eine Zusammenfassung dieser Kommentare zur Menschheit, eine Art ResĂŒmee seiner frĂŒheren Werke.
Im 23. Jahrhundert hat sich auf der Erde eine ideale Gesellschaft herausgebildet. Der Lebensweg eines jeden ist bereits vorherbestimmt, die Technik dient zur Erhaltung des Status quo und nicht um neue Welten zu erforschen. Abweichungen vom Standard werden nicht geduldet und deshalb bestraft. Weil der Wohlstand mit einer guten LebensqualitĂ€t, aber auch mit einem Stillstand der KreativitĂ€t und des Abenteurertums einhergeht, zeigt sich das Utopia schlecht gerĂŒstet fĂŒr nicht berechnete Gefahren. Die Teilnehmer einer Marsexpedition glauben nach ihrem Erwachen aus dem KĂ€lteschlaf noch an eine Simulation, mĂŒssen aber feststellen, dass sie tatsĂ€chlich auf dem lebensfeindlichen Planeten angekommen sind. Die angebliche Spielshow existiert gar nicht, vielmehr verfolgt der Reiseleiter einen geheimen Plan zur Rettung der Erde. Dabei können ihm nur jene Unangepassten helfen, die er mit auf seine Mission genommen hat und die fĂŒr die Zeit nach der Katastrophe die irdische Zivilisation wieder aufzubauen vermögen.
âFlucht zum Marsâ fĂ€ngt behĂ€big an. Ăhnlich wie die WĂŒstenlandschaft des roten Planeten fĂŒr die Figuren erschlieĂt sich auch die Geschichte dem Leser erst allmĂ€hlich. Die AnnĂ€herungen und Abneigungen innerhalb der Gruppe oder die RĂŒckblenden in die persönliche Vergangenheit der Figuren lassen wenig Spannung aufkommen. Aufregend wird es, als der wahre Zweck der Mission enthĂŒllt wird. Ab da an stehen die kleinen Helden vor einer schier unlösbaren Aufgabe.
LangjĂ€hrige Leser von Frankes Romanen und Kurzgeschichten werden die Themen auffallen, die hier zusammengesetzt werden. Sei es die UnzulĂ€nglichkeit eines technischen Utopias, die Neugierde das Fremde zu erforschen, die Begegnungen unterschiedlicher Kulturen oder die Nichtbegreifbarkeit technischer Neuerungen. Hier finden sich sehr gute AnsĂ€tze, die durchaus hĂ€tten ausgebaut werden können, wie der Beginn einer Marszivilisation durch kybernetische Wesen, die einst auf dem Planeten von den Menschen zurĂŒckgelassen wurden. Leider endet der Roman ĂŒberhastet.
Letztlich ergibt sich die Erkenntnis, dass eine Flucht niemals eine Problemlösung ist. Frankes Reisende kehren auf eine verĂ€nderte Erde zurĂŒck und sehen sich ironischerweise wieder in eine AuĂenseiterrolle gedrĂ€ngt, aber völlig anders als erwartet.
Herbert W. Franke: Flucht zum Mars.
Deutscher Taschenbuch Verlag, MĂŒnchen, April 2007.
340 Seiten, Taschenbuch.