Seit tausend Jahren regiert der unsterbliche Lord Ruler eine Welt, die gröĂtenteils aus Schutt und Asche besteht. Die Skaa gehören der Arbeiterklasse an und mĂŒssen Tag ein, Tag aus fĂŒr ihn in den Werken schuften, fĂŒhren sonst aber nur das Leben von unliebsamen Tieren, die man besser von der prunkvollen Stadt fernhĂ€lt. Eine tiefe Schlucht klafft zwischen Arm und Reich, die junge Frau Vin steht leider auf der falschen Seite. Als Bastard eines Adeligen mit einer Skaa hat sie es zusĂ€tzlich schwer. Als sie auf den RebellenfĂŒhrer Kelsier trifft, Ă€ndert sich Vins Leben grundlegend, und das kleine bisschen GlĂŒck, das ihr bisher zuzufliegen schien, bekommt eine ErklĂ€rung verpasst. Vin gehört zu den Nebelgeborenen und kann mit Hilfe von Metallen Allomantie bewirken, die ihre eigentlichen KrĂ€fte bei weitem ĂŒbersteigt!
Ăberraschend ruhig beginnt dieser Fantasy-Roman. AusfĂŒhrlich werden die beiden Protagonisten Vin und Kelsier vorgestellt als zwei Personen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Kelsier ist mutig und ein DraufgĂ€nger, der durch das Verbrennen von Metallen KrĂ€fte freisetzt und sie gegen seine Gegner einzusetzen weiĂ. Er hat einen Plan geschmiedet, um den Lord Ruler von seinem Thron zu stĂŒrzen, und braucht jede tatkrĂ€ftige Hand zur Hilfe. Vin hingegen hat ein weitaus schwereres Leben und bewĂ€ltigte dieses bisher vor allem durch ihr Wesen, durch ihre Unscheinbarkeit und SchĂŒchternheit. Besser nicht beachtet werden als SchlĂ€ge einstecken zu mĂŒssen. Die KrĂ€fte, die in ihrem Körper schlummern, hat sie nur am Rande bemerkt und nie wirklich verstanden. Erst Kelsier zeigt Vin, was wirklich in ihr steckt.
Die beiden sind eingebettet in eine fiktive Welt, die von einem einzelnen Mann unterdrĂŒckt wird; im Adel finden sich weitere Kinder des Nebels, die im Dienste dieses einen Herrschers ihre KrĂ€fte einsetzen und somit noch zu seiner Unbesiegbarkeit beitragen. Unterschwellig beherrscht wird die Welt auch von den Metallen, die als gröĂtes Handelsgut dienen und den Nebelgeborenen ihre KrĂ€fte verleihen. In Luthadel, der Regierungsstadt des Lord Rulers, gehen die Adeligen allabendlich zu BĂ€llen, bei denen es um Sehen und Gesehenwerden geht, wĂ€hrend vor dem Toren der Stadt die Skaa jeden Tag ums nackte Ăberleben kĂ€mpfen.
Eine explosive Mischung, die jedoch erst nach gut 200 Seiten wirklich zum Tragen kommt. Der Beginn ist vor allem durch Reden geprÀgt, das stÀndige Hin und HerwÀlzen des Plans, ein Treffen nach dem anderen, kein wirkliches Vorankommen. Doch Geduld zahlt sich aus! Mit einem Mal nimmt die Handlung an Fahrt auf, Vin lernt ihre KrÀfte einzusetzen und gerÀt schon bald in Gefahr. Ab diesem Punkt fliegen die Seiten nur noch dahin, man möchte schier immer und immer weiter lesen. Die heraufbeschworene Welt steckt voller Geheimnisse, LÀngen lassen sich nur kurzzeitig bei den immer wiederkehrenden BÀllen beobachten, die Vin besucht, um sich in die adeligen Kreise als Spionin einzufinden. Nach dem holprigen Start ist die Handlung abwechslungsreich und turbulent!
Insbesondere die beiden Hauptfiguren sind detailliert gezeichnet und handeln fĂŒr den Leser nachvollziehbar, lassen sich in ihren GedankengĂ€ngen zudem sehr gut beobachten. Eine weitere Nebenfigur hebt sich im Verlauf der Geschichte von den anderen ab: Der Lord Elend, in den sich Vin bei den BĂ€llen verliebt. Alles deutet darauf hin, dass er in den ĂŒbrigen Teilen der Trilogie eine gröĂere Rolle spielen wird, denn bereits hier entwickelt er sich zu einer wichtigen SchlĂŒsselfigur.
Wer zu Beginn von »Die Kinder des Nebels« geduldig ist, wird belohnt. Nach Startschwierigkeiten entwickelt sich ein spannender Roman, der mit erfrischend anderen Ideen aufwartet.
Brandon Sanderson: Die Kinder des Nebels.
Heyne, Juli 2009.
896 Seiten, Taschenbuch, 15,00 Euro.