Herbert Rosendorfer: Briefe in die chinesische Vergangenheit (1986)
Der Mandarin Kao-tai aus dem 10. Jahrhundert reist durch die Zeit ins München zum Ende des 20. Jahrhunderts. Fremder kann man kaum irgendwo sein. Nicht nur die Zeit ist völlig anders, auch die Kultur erscheint ihm so ganz und gar unchinesisch. Er braucht einige Zeit um den Schock zu überwinden, aber dann beginnt er, seine neue Umwelt auf höchst intelligente Art zu beurteilen und den Daheimgebliebenen zu beschreiben. Münchens Bewohner beschreibt er als „Großnasen“ und steht immer wieder kopfschüttelnd vor den Errungenschaften des Fortschritts. Überhaupt der Fortschritt, wo wollen sie denn hinschreiten die Großnasen, außer immer weiter von sich fort? Eine gewissen überlegene Überheblichkeit des Herrn Kao-tai trägt wesentlich zum Lesevergnügen bei. Bringt er sich doch oft genug durch sein Unverständnis für die fremde Kultur trotz besten Willens immer wieder in groteske Situationen. Auch sind seine Interpretationen der Situation ... naja, der Situation nicht immer angemessen.
„Briefe in die chinesische Vergangenheit“ bietet einen kulturfremden, erfrischenden Einblick in das Leben der Großstadt München im 20. Jahrhundert.
Herbert Rosendorfer: Briefe in die chinesische Vergangenheit (1986).
Nymphenburger, 2007.
304 Seiten, Hardcover, 10 Euro.