Der Titel des Romans nimmt es vorweg: Es wird geklagt [greinen, österr. f. klagen, weinen]. Der Hauptcharakter des Romans Konrad Greiner rechnet ab, rechnet ab mit dem Literaturbetrieb, mit Autoren und Autorinnen, mit Verlegern und Verlegerinnen und den Spannungen zwischen beiden Berufsgruppen. Er rechnet ab mit dem Wunsch zu Schreiben und nimmt sich - mittlerweile selbst erfolgreicher österreichischer Autor mit deutschem Verleger â vor, nie wieder auch nur eine Notiz anzufertigen. Der Gedanke reift âauf dem Hocker vor der Scheibe des CafĂ©s in der Gaien Higashi Doriâ in Tokyo, wo Konrad Greiner sitzt, da er eine letzte Vortragsreise nach Japan angenommen hat. Und eben dort zieht Greiner Bilanz und rechnet ab mit sich, mit seinen Eltern, mit der Stadt Innsbruck, mit Ăsterreich und ganz besonders mit der Verlagsbranche. Sprachlich geht es dabei hoch her, da werden aus Autoren âSprachniederbringungsgemeinschaftenâ und aus Verlegern nicht selten âgewissenlose Ausschlachterâ.
Und obwohl das Vorhaben, keine einzige Zeile mehr zu schreiben âauf dem Hocker vor der Scheibe des CafĂ©sâ reift, so greift Greiner ein letztes mal zu seinem noch nicht entsorgten Notizbuch und blĂ€ttert darin, liest und â durch den Autor Heinz D. Heisl brilliant gelöst â lĂ€sst den Leser des Romans âGreinerâ teilhaben am Entstehungsprozess eines potentiell neuen Romans, skizziert bereits die Grundhandlung und Charaktere eines neuen Romans, macht den Leser neugierig auf die nur schemenhaft erzĂ€hlte Geschichte und schafft somit einen Roman im Roman.
Die deutlichen Spuren österreichischer Sprache in Kombination mit japanischen Elementen (das Buch liefert im Anhang eine Ăbersetzung des im Roman verwendeten Japanisch) sind amĂŒsant zu lesen, nicht selten erinnern die langen SĂ€tze an Thomas Bernhard, die in Klammern hinzugefĂŒgten Repetitionen wiederum an Umgangssprache, durch hĂ€ufige Wortneuschöpfungen jedoch gerĂ€t die Sprache Heisls mehr und mehr zu einer eigenstĂ€ndigen literarischen Art. Dass Heisls Roman fĂŒr den Charakter Konrad Greiner schlieĂlich im Selbstmörderwald am FuĂe des Berges Fuji endet ist nur konsequent, den hier gelten letzte Gedanken erneut der Stadt Innsbruck: âDas Schneien, die milde Bewegung der Schneeflocken stimmt mich ruhig.â Eine interessanter, wortgewaltiger Roman, der dem Leser viel Konzentration abverlangt â und ihn mit einer groĂen Geschichte beschenkt.
Der Autor Heinz D. Heisl, 1952 in Insbruck geboren, brach sein Musikstudium am Innsbrucker Konservatorium ab und begann 1988 mit ersten literarischen, lyrischen Aufzeichnungen. 1990 erhielt er ein Stipendium des literarischen Colloquiums in Berlin und entschloss sich 1999 als freier Schriftsteller zu leben. Im Jahr 2000 erhielt Heisl den Reinhard-Priessnitz-Preis. 2003 war er als »writer in residence« in Basel, 2006 erhielt er ein Stipendium im Stuttgarter Schriftstellerhaus. Heisl ist zudem Kurator des Literaturfestivals Sprachsalz/Tiroler Literaturtage in Hall.
Heinz D. Heisl: Greiner .
Dittrich Verlag, August 2009.
331 Seiten, gebunden, 19,80 Euro.
Sven-Andre Dreyer
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