Gruselig geht's in unserer Horror-Geschichten- Anthologie zu. Auf Gewalt- und Blutorgien haben wir allerdings verzichtet. Manche Geschichten sind sogar witzig.
„Letzte Liebe“ erzählt von einer Seniorin, die freiwillig in ein Altenheim zieht und eigentlich viel zu jung ist, um ihr Leben dort zu verbringen.
Weil ihre Stieftochter und deren Neuer immer mehr von ihrem Haus in Beschlag nehmen, siedelt die verwitwete Frau Professor samt ihrem Hündchen Cora in ein Seniorenstift um. Obgleich ihrer zeitweiligen Erinnerungslücken passt sie nicht so recht zu den übrigen dementen Bewohnern und dem Pflegepersonal im Stift. So bleibt die Professorenwitwe lieber für sich allein in ihrem Zimmer. Sie tippt ihre Tagebuchaufzeichnungen in ein Laptop, das sie unbemerkt dem ungeliebten Neuen ihrer Stieftochter beim Auszug entwendet hat.
Mit Cora unternimmt sie häufig Ausflüge in ihrem Elektromobil in den Park. Von dort kennt sie Wowa, einen jugendlichen Spätaussiedlerjungen. Wowa kümmert sich rührend um Cora und hilft der alten Dame bei ihren technischen Problemen mit dem Laptop.
Als Wowa eines Tages plötzlich nicht mehr kommt, macht sich die Seniorin große Sorgen um ihn. Sie bemerkt, wie nahe sie dem Jungen steht und beschließt, ihn zu ihrem Alleinerben zu machen.
Ihre Suche nach Wowa gestaltet sich schwierig. Die alte Dame muss feststellen, dass Wowa in seiner Freizeit wohl nicht den besten Umgang gepflegt hat. Der Junge ist einschlägig bei der Polizei bekannt, auch von seinem Lehrer und vom städtischen Jugendpfleger hört sie nicht viel Positives über ihn.
Dennoch hält die alte Dame an ihrem Plan fest, Wowa zu finden. Alles deutet darauf hin, dass er Deutschland verlassen hat und nach Sibirien zu seiner alten Großmutter zurückgekehrt ist.
Die Professorenwitwe beschafft sich ein Touristenvisum und macht sich heimlich zu einer Reise auf Wowas Spuren nach Sibirien auf.
Schade, dass der Roman in der zweiten Hälfte etwas an Intensität verliert. Vielleicht liegt es daran, dass die Autorin ihre Protagonistin in ihren Nachforschungen zu sehr mit recherchelastiger Ämterbürokratie und abschweifenden Erklärungen über verschiedene jugendliche Szenebewegungen konfrontiert.
Dennoch lesenswert.
Dorothea Razumovsky: Letzte Liebe.
Verlag Weissbooks, September 2009.
150 Seiten, Hardcover, 18,80 Euro.