Die Fantasy haben wir in dieser von Alisha Bionda und Michael Borlik herausgegebenen Anthologie beim Wort genommen. Vor allem fantasievoll sind die Geschichten.
Kann man dem Thema Jugend und Leben in der DDR, Prenzlauer-Berg-Szene etc. noch etwas Neues abgewinnen, ohne in altbackene Klischees zu verfallen? Dem 33-jĂ€hrigen Kubiczek gelingt es tatsĂ€chlich, diese Fallen zu umgehen. Anders als sein Schriftstellerkollege Thomas Brussig ( âSonnenalleeâ und âHelden wie wirâ)reduziert er seine Figuren nicht auf satirisch prĂ€sentierte âTypenâ, die bestimmte Merkmale und Gewohnheiten des Ostens auf die Spitze treiben. Seine Figuren sind ,egal, ob extravagant oder alltĂ€glich, Individuen. Allen bringt er die gleiche fast zĂ€rtliche Aufmerksamkeit entgegen- seien es jetzt Lessâ schrĂ€ge Freunde, eine spieĂige Kollegin oder ein Kneipen-Proll, dem er zufĂ€llig begegnet. Beim Lesen hatte ich das GefĂŒhl: Ja, diese Leute kenne ich. Genaue Beobachtung, leise Ironie, ohne die Figuren der LĂ€cherlichkeit preiszugeben- das ist die StĂ€rke des Autors. Subtile Komik anstelle derben Klamauks- z.B. wenn der Held mit seinem Postfahrrad im Schneematsch ausrutscht und mit anrĂŒhrender Sorgfalt versucht, die verwischten Adressen zu lesen. Less ist ein moderner Holden Caulfield (âDer FĂ€nger im Roggenâ)des Ostens, ein symphatischer Loser, der eigentlich nur raus will aus dem KleinbĂŒrgermief, vom freieren Leben in der GroĂstadt trĂ€umt und dort erst mal durch alle möglichen Schwierigkeiten stolpert. Ein biĂchen Entwicklungs-ein biĂchen Schelmenroman.
Nun gibt es auch einige MĂ€ngel: Die Sprache ist manchmal etwas schwerfĂ€llig, und es gibt keine richtige Handlung, keinen Spannungsbogen- alles dĂŒmpelt ein biĂchen lethargisch vor sich hin und steigert sich erst am Ende zum unerwarteten Chaos. Interessante Ideen und HandlungsfĂ€den verlaufen ins Nichts, man hat bisweilen den Eindruck, als könne der Autor mit seinen eigenen, lebensvollen Charakteren nix anfangen. Radost, am Anfang geradezu als Lichtgestalt eingefĂŒhrt, taucht nicht mehr auf, auch Irene verschwindet einfach (in den Westen) Da macht es sich der Autor, der durchaus selber als âjunges Talentâ gelten darf, zu einfach. Seine Figuren hĂ€tten mehr Spielraum zum Agieren verdient.