Glück ist für jeden etwas anderes. Unter der Herausgeberschaft von Katharina Joanowitsch versuchen unsere Autoren 33 Annäherungen an diesen schwierigen Begriff.
1995 veränderte sich October Dayes Leben schlagartig. Sie war auf der Suche nach der vermissten Ehefrau ihres Herrn Sylvester Torquills und deren gemeinsamer Tochter, als sie mit dem vermeintlichen Täter, Simon Torquill, zusammentraf. Bevor sie ihm auch nur irgendetwas entgegensetzen konnte, hatte er sie bereits in einen Fisch verwandelt. 14 Jahre verbrachte October, genannt Toby, seitdem in einem Teich. Halb Fae, halb Mensch hat sie selbst ihrem Ehemann und der kleinen Tochter nie ihr Geheimnis offenbart. Mit ihrem Verschwinden für so lange Zeit, vertrauen die beiden ihr natürlich nicht mehr und Toby muss ihr Leben allein von vorne beginnen. Erschwert wird ihr dies, als sie auf ihrem Anrufbeantworter eine verpasste Nachricht ihrer Bekannten Evening Winter findet. Sekunden vor ihrem Tod hat Evening über das Telefon einen Bann über Toby gelegt, der sie dazu zwingt, den Mordfall um Evening aufzulösen!
»Winterfluch« ist erfrischend anders als das typische Urban Fantasy-Buch der letzten Zeit. Es geht mal nicht um Vampire oder Werwölfe, nein, Märchen- und Mythologiewesen werden hier zu den Figuren der Geschichte. Von Sidhe über Selkie, Kelpie und Kitsune ist alles auf den Straßen San Franciscos vertreten, was Rang und Namen hat! Toby legt viel Wert darauf, klarzumachen, wie blind die Menschen für all diese Wesen geworden sind. In San Francisco leben sie neben den Menschen, manche sogar unter ihnen und doch sind die Bewohner unfähig, sie als das wahrzunehmen, was sie wirklich sind. Gezeichnet wird mit der Hilfe all dieser magischen Wesen eine Geschichte über die Macht von Bann und Versprechen – das bekommt Toby am eigenen Leib zu spüren! Erst wenn sie den Fall um Evening Winter gelöst hat, wird sie zur Ruhe kommen können, ohne elende Schmerzen und Druck erleiden zu müssen.
Das wirklich Bezaubernde ist dabei nicht so sehr der Stil der Autorin oder ihre Art, die Geschichte zu erzählen – nein, diese beiden Aspekte bleiben eher unspektakulär an der Oberfläche. Das Tolle sind die Figuren, von denen man kaum eine jemals ganz einer Seite zuordnen kann. Werwölfe und Vampire beispielsweise sind in den alten Geschichten oftmals schlichtweg böse. Im Märchen gibt es stets beide Seiten, eine Fee kann gut sein, aber auch böse. Und mit diesen Motiven spielt die amerikanische Autorin Seanan McGuire. Kaum einer der vorgestellten Charaktere lässt sich von vorneherein den Guten zuordnen, selbst die verstorbene Evening Winter ist kein Unschuldslamm und zieht im Hintergrund ihre Fäden.
Hinter all den interessanten Figuren bleibt die eigentliche Haupthandlung vorerst zurück. Mit jeder weiteren Seite bekommt man mehr den Eindruck, es ginge gar nicht so sehr um den Mordfall, sondern um Toby selbst und ihre Auseinandersetzung mit den anderen Fae und ihrem eigenen Leben. Für die Spannung ist das nicht immer zuträglich. Wirklich voran kommt der Fall um Evening erst mit den beiden vorletzten Kapiteln – das dafür dann aber auch mit Power und Überraschung!
Eine märchenhafte Story mit Krimielementen, für Leser, die nicht allzu viel Wert auf Spannung legen und sich stattdessen lieber von Märchengestalten in eine Geschichte entführen lassen, die immer weiter ausholt, letztlich aber den abschließenden Punkt noch findet.
Seanan McGuire: October Daye 01. Winterfluch.
Egmont LYX, Januar 2010.
368 Seiten, Taschenbuch, 12,95 Euro.
