Lore Huppach hĂ€lt sich oft und gerne bei ihrem GroĂvater, Wolfhard von Trettin, in seinem alten Jagdhaus auf. Dort lebt er in Ă€rmlichen VerhĂ€ltnissen, seit er von seinem Neffen Ottokar von Trettin von seinem Gut vertrieben wurde. Das rettet der FĂŒnfzehnjĂ€rigen das Leben, als ihre Eltern und ihre Geschwister bei einem Brand umkommen.
Durch den Schock erleidet Wolfhard einen Schlaganfall. Er hat nur noch wenig Zeit, Lores Zukunft zu sichern. Um sie vor dem Zugriff Ottokars bösartiger Frau Malwine zu schĂŒtzen, schickt er Lore mit dem Geld, das er heimlich beiseite geschafft hat, nach Amerika. Dort soll sie ein neues Leben beginnen. Doch am Ende des 19. Jahrhunderts ist eine solche Reise alles andere als ungefĂ€hrlich. Auf dem Dampfer âDeutschlandâ freundet sich Lore mit der sechsjĂ€hrigen Komtess Nathalia an, wird von deren GroĂvater als Gouvernante eingestellt, zum Ărger Nathalias bösen Cousins Ruppert. Doch dann lĂ€uft das Schiff auf eine Sandbank auf und droht, zu sinken ...
Auf den ersten Blick sieht man, dass das Buch anders ist. Kein abgeschnittenes Frauenbildnis, wie auf den Covern so vieler Mittelalterromane. Nein, ein hĂŒbsches MĂ€dchen mit keckem HĂŒtchen und rosigen Wangen lĂ€chelt dem Leser entgegen. Endlich mal ein Roman, der im 19. Jahrhundert spielt, ein Zeitalter, in dem vieles im Umbruch ist. Dampfschiffe ermöglichen Fernreisen in unbekannte Welten, das aufstrebende BĂŒrgertum der Industriellen nagt an den Privilegien der Adligen und technische Fortschritte verĂ€ndern die LebensumstĂ€nde der Menschen. Es gibt Gaslicht, anstĂ€ndige BĂ€der und rasante Pferdekutschen.
Ein wenig war ich enttĂ€uscht, dass Lore nur bis England kommt, es hĂ€tte mir sehr gefallen, sie bis nach Amerika zu begleiten. Aber auch diese Reise ist abenteuerlich. Zwei historische SchiffsunglĂŒcke hat die Autorin in das Romangeschehen eingearbeitet und man bekommt fast nasse FĂŒĂe beim Lesen. Lore wird im Lauf des Romans auf mehrere harte Proben gestellt und lĂ€sst sich am Ende nicht mehr alles gefallen. Die beiden Bösewichter sind ebenso intrigant und geldgierig wie skrupellos, vielleicht einen Tick zu Ă€hnlich geraten. Nathalia ist extrem frech, aber liebenswert und Lore lernt auf ihrer Reise interessante Personen kennen. Einige knallige Wendungen machen das Buch zu einer kurzweiligen LektĂŒre.