„Du hast es nicht zertrümmert. Das Schiff nicht, dein Leben nicht und den Schädel deiner Frau schon gar nicht, sie ist nämlich noch gar nicht wieder da. Wo wollte sie eigentlich hin? Ins Fitnessstudio? Zum Einkaufen? Oder wollte sie eine ihrer unterspritzten Freundinnen treffen, um mal wieder den ganzen Nachmittag nichts anderes zu machen, als sich Prosecco in die Goldkehlchen laufen zu lassen und dabei über die Anti-Aging-Wirkung von Lycopin und Freilandtomaten zu sprechen? Lycopin und Freilandtomaten – diese aufgeplusterten Plastikputen denken tatsächlich, die Natur hätte nichts anderes als ihre zornigen Stirnfalten im Sinn.“
Harriet Köhler, 1977 geboren, hat Kunstgeschichte studiert und besuchte die Deutsche Journalistenschule. Sie lebt als Journalistin in München und hat bisher einige Kurzgeschichten veröffentlicht. „Ostersonntag“ ist ihr Debütroman.
Heiner, der emeritierte Professor für Insektenkunde, war immer nur klug. Heute versteckt er sich beim Frühstück hinter seiner Zeitung und tut, als lese er sie, aufkommende Anzeichen von Demenz verbergend.
Ulla, seine Frau, war immer die perfekte Professoren-Gattin. Mit Tipps aus den Belle Cuisine Zeitschriften bewirtete sie gekonnt Gäste und Familie. Aber nun, wo Heiner den ganzen Tag zu Hause ist, schwindet ihre Kraft und sie versucht, sich mit gelegentlichen Affären aus dem Alltagskampf zu befreien.
Linda ist erfolgreiche Kolumnistin in Berlin. Das Ziel ihrer Kolumnen: ihre eigene Familie, die davon jedoch nichts wissen darf.
Ferdinand, Lindas jüngerer Bruder, hat keinen festen Wohnsitz, sondern ständig wechselnde Frauen, bei denen er sich für die Nacht einquartiert . Sein Studium hat er geschmissen und so treibt er ziellos durchs Leben.
Zwischen ihnen liegt ein tiefer, scheinbar unüberwindbarer Graben. Jeder versucht, seine eigene Lebenslüge aufrecht zu erhalten. Und was noch viel schwerer wiegt: sie alle schweigen, über Friederike, das dritte Kind, das bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Oder war es Selbstmord?
Kurz vorm Osterfest findet Ferdinand einen Abschiedsbrief seiner Schwester. Als er die übrigen Familienmitglieder damit konfrontiert, scheint die Wand des Schweigens, die jedes Familienmitglied aus Selbstschutz um sich herum errichtet hat, zusammenzubrechen.
Das Buch zieht einen, wie ein Krimi, durch seine Sprachgewalt schon auf der ersten Seite in seinen Bann. Ein berauschendes Debüt!