Zweimal schon sind wir Matt Cruse und Kate de Vries an Bord der fahrenden Luftschiffe ins Abenteuer gefolgt. Das sich unsere beiden jungen Kanadier dabei nähergekommen sind, ging anhand der Fährnisse, die es zu überstehen galt, fast unter.
Nachdem nun also Luftpiraten und fliegende Holländer überstanden sind, könnte das Leben in der Stadt der Liebe so schön sein.
Matt, immer noch auf der Akademie, um seinen Traum einmal selbst Kapitän eines der Luftschiffe zu werden näherzukommen, und Kate, die an der Pariser Universität forscht aber haben kaum Zeit füreinander.
Matt hat, um das nächste Semester zu finanzieren einen Job angenommen. Er soll bei der Errichtung eines gigantischen Turmes, mit Hilfe dessen die Franzosen das All zu erstürmen trachten, helfen. Terroristen sabotieren das Projekt. Nur gut, dass Matt und Kate bereits vorher ein Angebot bekommen haben.
Die kanadische Regierung sucht, zu den Königs Ehren, mutige Weltraumfahrer. Von einer Äquatorinsel aus soll es, an einem gewaltigen künstlichen Faden aus einem Metall, das man in einem Meteoriten gefunden hat, gen Weltraum gehen. Was Manche salopp und ohne Respekt als riesigen Fahrstuhl bezeichnen, das verspricht das Forschungsereignis des Jahrhunderts zu werden. Am Bord der Starclimber müssen sie sich gefährlichen Situationen, Neid und Unfällen stellen – am verstörendsten für Matt aber ist, dass ausgerechnet seine Kate den Verlobungsring eines Anderen trägt – da hilft es auch wenig, dass die Crew auf außerirdisches Leben trifft ...
Kenneth Oppels Serie um den Luftschiffer Matt Cruse kann man in das bei uns seltsamerweise recht unbeachtete Subgenre des Steampunk einordnen.
Anders, als viele seiner Kollegen aber geht es Oppel nicht darum in großen Bildern Schlachtengetümmel aufzuzeigen, oder Weltuntergangsszenarien heraufzubeschwören.
Oppel sucht und findet seine Motive im Kleineren. Es geht ihm darum zu zeigen, wie sich seine Menschen in Extremsituationen verhalten, wie sie anhand der Gefahren, die ihnen Begegnen, reifen und sich bewähren.
Dabei weiß er seine Leser mit einer durchdachten Weltenschöpfung zu beeindrucken. Wir werden in eine Welt entführt, die uns auf den ersten Blick ein wenig bedächtiger, ja ein wenig friedvoller vorkommt. Auch hier gibt es Arm und Reich, gibt es Terroristen und Kriege, dies alles aber auf einem viel kleineren Gefahrenlevel, als wir dies gewohnt sind. Immer aber sind es Individuen, von denen die Gefahr ausgeht, die unserem Ich-Erzähler und seinen Freunden als Widerparte dienen.
Die erste Hälfte des Buches steht ganz im Zeichen der Vorbereitung. In einem Trainingslager muss Matt sich durchbeißen, um letztlich zu den drei Raumfahrern zu gehören, die ausgewählt werden, die Wissenschaftler zu begleiten. Dass er auf Platz vier landet, es letztlich nur einem Unfall zu verdanken hat, dass er einspringen darf nagt an seinem Selbstwertgefühl. Letztes ist sowieso schon in Aufruhr. Da macht sich doch ein reicher Schnösel an seine Kate heran – Gefühlswirrungen und Irrungen sind die Folge. Sehr einfühlsam hat Oppel diese schwierige Zeit portraitiert, in der Eifersucht und Aggression miteinander Matts Handeln zu beeinflussen suchen.
Daneben lässt Oppel, wie gewohnt, historische Begebenheiten und Bewegungen in seinen Roman einfließen. Dieses Mal sind es die Sufragetten, die Frauenrechtlerinnen, die sich um das Frauenwahlrecht und weitere Emanzipationsbestrebungen verdient machen.
Die Personen sind, Oppel-Typisch, sehr detailliert und liebevoll ausgestaltet, die Handlung spannend und abwechslungsreich, das Finale schließlich eine echte Überraschung und dies alles in einer sehr einfühlsamen Übersetzung ausgearbeitet, die die Zeit der Lektüre wie im Fluge vergehen lässt.
Wer also seinem Jules Verne zum Mond gefolgt ist, aber noch nicht genug davon hat, etwas mondäner und beschaulicher ins All zu reisen, der ist mit vorliegendem Buch sehr gut bedient.
Kenneth Oppel: Sternenjäger.
Beltz Verlag, Februar 2010.
509 Seiten, Gebundene Ausgabe, 17,95 Euro.