Die Fantasy haben wir in dieser von Alisha Bionda und Michael Borlik herausgegebenen Anthologie beim Wort genommen. Vor allem fantasievoll sind die Geschichten.
Helene Hegemann: Axolotl Roadkill, gelesen von Birgit Minichmayr
Die 16-jährige Mifti lässt die Zuhörer von »Axolotl Roadkill« an den Aufzeichnungen in ihrem Tagebuch Anteil haben. Obwohl sie in einer gut situierten Familie lebt, ist sie seit dem Tod ihrer Mutter abgestürzt. Sie nimmt Drogen, lässt sich von ihren Freunden mitreißen und schwänzt verdammt oft die Schule. Ja, verdammt, die ganze Gesellschaft stinkt ihr schlichtweg. Und so räumt sie in ihrem Tagebuch anhand von konkreten, bunt eingestreuten Erlebnissen mit den Leuten auf. Jeder bekommt sein Fett weg und kein Klischee bleibt verschont.
Helene Hegemann selbst ist erst 17 Jahre alt und seit 2007 durch ein Theaterstück, wenig später einen Film bekannt. Ihr Romandebüt sorgte in der Branche nach Plagiatsvorwürfen für Furore, verkauft sich aber weiterhin bestens. Die einen schimpfen über das schamlose Klauen von Ideen, die anderen loben Helene Hegemann für ihre Sprachgewandheit in den höchsten Tönen. Die Meinungen gehen weit auseinander und auch Zuhörern von Hörbüchern soll dieses Werk nicht vorenthalten werden, so dass es nur etwa einen Monat später bei Hörbuch Hamburg erhältlich war. Birgit Minichmayr führt durch die etwa 242 Minuten lange Lesung. Und das insgesamt gar nicht so schlecht. Ihre Art des Lesens passt sich auf überraschende Art und Weise an die Protagonistin an. Das Zuhören wird dadurch allerdings nicht leichter …
Die erzählte Geschichte folgt im wahrsten Sinne des Wortes menschlichen Gedankengängen und das macht es besonders im Kontext des Hörbuches so beschwerlich: Mifti springt von Szene zu Szene, fasst erlebte Gespräche in eigene Worte, während sich Birgit Minichmayr an dieser Stelle zu Recht kaum bemüht, zwischen verschiedenen Stimmen zu unterscheiden. Dieser diffuse Aufbau macht das Hören in Kombination mit den in unendlicher Zahl auftretenden Schachtelsätzen fast unmöglich. Der Auffassung, dass diese verschachtelten Sätze ein Qualitätskriterium von guter Literatur seien, ist Helene Hegemann hier aufgesessen. Der rote Faden des Geschehens ist nicht erkennbar, das Ganze wirklich reichlich unstrukturiert, mag in dieser Unstrukturiertheit zwar dem Leben entsprechen … ja, aber für ein Hörbuch ist diese Geschichte wirklich nicht geeignet.
Keine Geschichte für ein Hörbuch. Ob „Grandios“ oder „Alles nur geklaut“ – man sollte »Axolotl Roadkill«, will man der jungen Autorin eine Chance geben, lesen, nicht hören.
Helene Hegemann: Axolotl Roadkill, gelesen von Birgit Minichmayr.
Hörbuch Hamburg, Februar 2010.
4 CDs, 19,95 Euro.