Ein Krimi muss nicht immer mit Erscheinen des Kommissars am Tatort beginnen. Dass es auch anders geht beweisen die Autoren mit ihren Kurzkrimis in diesem Buch.
Elisabeth Herrmann: Lilienblut, gelesen von Elisabeth Herrmann
Sabrinas 16. Geburtstag steht vor der Tür und mit ihm die Sommerferien. Sechs Wochen Freiheit und Sonne am Rheinufer, die sie mit ihrer Freundin Amelie genießen möchte. Doch dann kommt für die beiden Mädchen alles anders als geplant. Das beginnt bereits bei Sabrinas Geburtstagsgeschenk, einem Weinberg! Was hat sich ihre Mutter dabei nur gedacht. Jahrelange sieht sich Sabrina an die Rheingegend gefesselt, obwohl es sie zunehmend in die Ferne treibt und sie gerne mit der Leichtigkeit ins Leben gehen möchte, die Amelie an den Tag legt. Doch diese Leichtigkeit wird das Verhängnis der jungen Frau. Als Sabrina und Amelie den gut aussehenden Kilian und sein Schiff ‚Sehnsucht’ kennen lernen, träumt Amelie ein weiteres Mal von der Ferne. Aber auch Sabrina fühlt sich zu Kilian hingezogen und ist maßlos enttäuscht, als sie erfährt, dass Amelie die Nacht mit ihm verbringen will.
Am nächsten Morgen ist die Welt nicht mehr dieselbe. Amelies Leiche wurde gefunden und Kilian ist spurlos verschwunden! Hat er etwas mit der Sache zu tun, ist vielleicht sogar Amelies Mörder? Als die Polizei nur schleppend vorankommt, begibt sich Sabrina selbst auf die Suche.
Elisabeth Herrmann liest dieses Hörbuch als ersten ihrer Romane selbst und führt mit Ruhe, aber auch Nervenkitzel durch die etwa 368-minütige Lesung. Nach stillerem Anfang entwickelt die Geschichte ihre ganz eigene Sogwirkung und zieht die Zuhörer immer tiefer hinein in die Ereignisse. Als Sprecherin kann die Autorin hier überzeugen. Ohne Schwierigkeiten kann man ihrer Stimme über lange Strecken folgen
Mit Sabrina und Amelie stehen zu Beginn des Hörbuchs zwei sehr gegensätzliche Figuren im Mittelpunkt. Die lebenslustige, aufgeweckte Amelie strebt nach Freiheit und der Zukunft und hat gar kein Problem damit, dass diese Zukunft in der Ferne und im Ungewissen liegt. Sabrina hingegen ist durch die Zukunft verunsichert und sucht ihren Platz im Leben noch. Diese Suche nach der eigenen Identität bestimmt die Handlung von »Lilienblut« maßgeblich. Als Krimi eignet sich »Lilienblut« deshalb ab etwa 15 Jahren. Die Grenze nach oben ist offen, denn Elisabeth Herrmann reichert ihre Geschichte mit den Elementen an, die Leser und Leserinnen, bzw. Hörer und Hörerinnen auch aus ihren Erwachsenen-Krimis kennen. Die Spannung nimmt mit jeder Minute unweigerlich zu und man wird zunehmend auf eine falsche Fährte gebracht. Das führt am Ende zu interessanten Überraschungen und einem guten, schlüssigen Gesamtaufbau.
Neben der gelungenen Coverillustration enthält die Hörbuch-Box ein Inlay mit einem kurzen Abriss zur Handlung und einer Karte der Schauplätze, die sich im Verlauf der Geschichte, die an verschiedenen Orten des Rheinufers Halt macht, als sehr hilfreich erweist. Andernach und die Namedyer Werth bieten darüber hinaus einen sommerlich, leichten Kontext, der die Erzählung mit Strand, Schiffen und Gefahren der Bucht anschaulich und greifbar macht.
Tolle Unterhaltung für junge Leute, ganz ohne Fantasy, dafür aber spannend und sehr angenehm vorgelesen. Ein Hörbuch, das auch jenseits der Zielgruppe seinen Reiz hat.
Elisabeth Herrmann: Lilienblut, gelesen von Elisabeth Herrmann.
cbj audio, März 2010.
5 CDs, 19,95 Euro.
