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Nach zwanzig Jahren und zehn dicken Büchern hat der schwedische Bestseller-Autor Henning Mankell seinen Kommissar Kurt Wallander in den Ruhestand geschickt. „Der Feind im Schatten“ ist ein Abschiedsbuch, eine Art Lebensresümee des Ermittlers.
Mit Angst vor dem Alter, Anflügen von Alzheimer, ausgebrannt lässt Mankell Wallander nach 590 Seiten zurück. Zuvor ist der Kommissar in dem spannenden Krimi noch einmal vielen Figuren begegnet, die wichtig waren in seinem Leben: Tochter Linda, die ebenfalls im Polizeidienst ist, Enkelkind Klara, der ehemaligen Geliebten Baiba, die plötzlich wieder auftaucht. An seine geschiedene Frau Mona erinnert sich der Kommissar, an seine Hunde und Orte, die er geliebt hat. Und er denkt auch über die Zukunft nach. – Es ist ein sehr persönliches Buch, ein Wallader, der mehr in seinem Leben ermittelt als in einem neuen Kriminalfall.
Der führt den Kommissar, den Mankell hier eigentlich schon in den Urlaub geschickt hat, in den Kreis der Familie, zu den Schwiegereltern seiner Tochter, dem zunächst verschwundenen Korvettenkapitän Hakan von Enke und seiner Frau Louise, die ein Geheimnis voll lebenslanger Täuschungen hüten, den Kommissar in Spionagekreise führen, ihn in einer U-Boot-Geschichte den Dingen im Kalten Krieg auf den Grund gehen lässt. All das ist spannend geschrieben, in einem ruhigen, leisen Erzählton; einen aktionsreichen Show-Down bekommt Mankells Wallander am Schluss natürlich nicht.
Viel Grundtraurigkeit klingt aus dem Buch, auch Zukunftsängste des depressiv-melancholischen Ermittlers, den Mankell am Schluss im Dunkel, zwischen den Schatten der Vergangenheit, verschwinden lässt. „Der Feind im Schatten“ ist zugleich ein Erinnerungsbuch, das Motive aus den neun vorherigen Büchern aufgreift und den Kommissar gewohnt gemächlich zur Lösung des Falls bringt. Mitleid haben wir am Schluss mit Wallander, danken für zehn hochspannende Fälle, die er gelöst hat. Wir werden ihn vermissen.
Henning Mankell: Der Feind im Schatten.
Zsolnay-Verlag, April 2010.
590 Seiten, Hardcover, 26 Euro.