Das mit 328 Seiten dickste Buch unseres Verlagsprogramms ist die Vampiranthologie "Ganz schön bissig ..." - die 33 besten Geschichten aus 540 Einsendungen.
Milena Michiko Flašar: Okaasan - meine unbekannte Mutter
In Milena Michiko Flašars Roman „Okaasan - meine unbekannte Mutter“ nimmt die Protagonistin Franziska Abschied von ihrem geliebten Elternteil.
Das Alter und die damit verbundenen physischen und psychischen Veränderungen von Franziskas Mutter sind untrügliche Anzeichen, dass ihr Leben sich dem Ende nähert. Franziska nimmt die Mutter bei sich auf und begleitet sie in diesem langen Prozess. Auf erste Momente von Verwirrung und Realitätsverlust ihrer Mutter reagiert sie selbst verstört und verunsichert. In Rückhalt suchenden Gesprächen mit Freunden offenbaren sich deren eigene Probleme in ähnlicher Situation. Die plötzliche Umkehrung der Rollen, in der die Tochter nun die Starke, Stützende, Schützende für die schwach gewordene Mutter ist, wird zu einem Selbstfindungsprozess für Franziska.
Der Autorin gelingt es, bei allem Ernst der Thematik keine melancholische Stimmung beim Lesen zu erzeugen. Im Gegenteil, trotz Franziskas Ängsten, ihrer Hilflosigkeit und Ungewissheit, lesen sich die Zeilen schwerelos und dennoch ausdrucksvoll in einer schönen Sprache.
Schade, dass Flašar Franziskas Suche nach ihrem eigenen Ich im zweiten Teil des Buches nach Indien verlegt, wo ihre Reise zu sich selbst zu einer spirituellen wird. Nicht nur die räumliche und geistige Verlegung im zweiten Teil, auch die Erzählhaltung ist verändert, als ob man plötzlich ein ganz anderes Buch liest.
Milena Michiko Flašar, geboren 1980, studierte Germanistik und Romanistik. Sie lebt in Wien und unterrichtet Deutsch als Fremdsprache.