Dingerchen und andere bittere Köstlichkeiten
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In diesem Buch präsentiert sich die erfahrene Dortmunder Autorinnengruppe Undpunkt mit kleinen gemeinen und bitterbösen Geschichten.
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Marc van Allen: Invisibilis
Jetzt bestellen bei amazon.de! München, 2007: Der jungen Historikerin Alexandra Lessing wird ein rätselhaftes Logbuch aus dem zweiten Weltkrieg anonym zugespielt. Es handelt von den Erlebnissen eines gewissen Werner Hornung in einem U-Boot der deutschen Marine Ende des zweiten Weltkriegs. Zweifel, es könne sich dabei um einen schlechten Scherz handeln, werden von ihr schnell zerstreut. Bei einem Abendessen mit einem ihrer Kollegen, Peter Manhart, gesteht ihr dieser seine Zuneigung – und gibt vor, das Buch stamme von ihm. Diese kleine Lüge – gedacht, um Alexandra zu beeindrucken – wird ihm schließlich zum Verhängnis.

Von da an beginnt das Grauen. Vom einen auf den anderen Tag gerät das Leben von Alexandra Lessing aus den Fugen, denn unbekannte Killer haben es auf sie abgesehen und jagen sie unerbittlich.

Zur gleichen Zeit in New York City: Polizist Winston B. Seymour steht kurz vor seiner Pensionierung. Aufgrund des nahenden G-8-Gipfels in New York werden seine Kollegen an anderer Stelle benötigt, sodass ihn sein Vorgesetzter mit dem Fall eines ermordeten Buchhändlers betraut.

Durch ihre Recherchen stößt Alexandra Lessing, unterstützt von einem Ausländer namens Jan Bonic, schließlich auf geheime Forschungsprojekte aus der Zeit des Nationalsozialismus, die – unter anderem mit Unterstützung des Pentagon – in den USA weitergeführt wurden. Bald darauf kreuzen sich die Wege von Seymour und Lessing. Schließlich deckt sie das grauenvolle Geheimnis eines mysteriösen Geheimbundes auf, dessen teuflischer Plan in einer Katastrophe zu enden droht …

„Invisibilis“ ist ein Verschwörungsthriller, dessen erste 300 Seiten man nur als gut bezeichnen kann. Der Autor hat bis dahin eine Geschichte zu Papier gebracht, die den Leser wahrlich zu fesseln vermag, auch wenn die Storyline um Werner Hornung zuweilen arg auf der Stelle tritt. Nicht nur, dass innerhalb besagter Seitenzahlen einige höchst interessante Verschwörungstheorien zum zweiten Weltkrieg eine tragende Rolle spielen – auch in Bezug auf Action und Dramatik bleiben kaum Wünsche offen. Die (Panzer-)Fäuste fliegen im wahrsten Sinne des Wortes, eine actiongeladene Szene jagt die nächste – und vielleicht nicht atemlos, aber dennoch gebannt verfolgt der Leser das Geschehen Seite um Seite.

Trotz aller Spannung – auch die ersten dreihundert Seiten blieben leider nicht frei von Logikfehlern, denn die Hauptpersonen der Geschichte sind leider nicht sehr glaubhaft und logisch aufgebaut; sowohl Winston B. Seymour als auch Alexandra Lessing (die man, warum auch immer, auf der Buchrückseite fälschlicherweise als Sarah vorgestellt hat).

Zu Beginn der Geschichte wird der Polizist Seymour als eine Person dargestellt, der von seiner Ex-Frau geliebt wurde, weil er „die Dinge absolut“ betrachte. „Gut oder Böse. Schwarz oder Weiß. Keine Grautöne dazwischen“ (siehe Seite 58/59) – allerdings entpuppt sich ebendieser Mensch im Laufe des Buches als das genaue Gegenteil dessen. Nun kann man natürlich sagen, dass ihn seine Ex-Frau eben nicht richtig gekannt hat oder er im Grunde seines Herzens eben kein Mensch war, der die Dinge nur aus Schwarz-Weiß-Sicht betrachtet und dass sich dies im Laufe seines Lebens stärker ausgeprägt hat. Mag sein – im Gegenzug ist es aber sehr unglaubwürdig, dass ein Polizist in einer Millionen-Metropole wie New York (!) ein Zweifler ist und trotzdem Tag für Tag seinen Dienst versieht, ohne dabei (größere) psychische Schäden zu erleiden. Polizeialltag ist (gerade in New York) kein Zuckerschlecken und wer da in einer Stadt wie dieser jemand ist, der alles hinterfragt, wird höchstwahrscheinlich über kurz oder lang untergehen.
Dass Mr. Seymour kein Schwarzweiß-Maler ist, wird schon bald darauf mehrfach klar. Er vertraut seinem Instinkt und bemerkt an diversen passenden und unpassenden Stellen, dass das Leben weder schwarz noch weiß, sondern grau ist (so häufig die „Schattierungen von Grau“ zu erwähnen, macht die Sache übrigens auch nicht besser).

Ähnlich verhält es sich mit Alexandra Lessing. Sie, die junge Wissenschaftlerin, glaubt nach nicht allzu langer Zeit an die wildesten Verschwörungen, die wahrscheinlich selbst so mancher Verschwörungstheoretiker für absurd halten würde. Wissenschaftler sind, wenn mich nicht alles täuscht, Menschen, die sich an geschichtlichen Fakten orientieren. Was Frau Lessing ist, ist letzten Endes nichts anderes als eine allzu leichtgläubige Dame, die wohl den Beruf verfehlt zu haben scheint.

Von kleineren Logikfehlern bleiben die ersten dreihundert Seiten ebenso wenig verschont. Das beinhaltet schob absolute Kleinigkeiten – wie z. B., dass man die New Yorker Spurensicherung fälschlicherweise als Crime Scene Division (siehe Seite 60) bezeichnet wird. Spätestens seit dem Boom der CSI-Serien sollte gerade ein Krimi-Autor wissen, dass die Spurensucher im Big Apple zur „Crime Scene Unit“ (CSU) gehören (notfalls hätte auch ein Blick in die Wikipedia genügt: http://de.wikipedia.org/wiki/CSI:_NY). Auch lässt man dabei außer Acht, dass in den USA wohl kaum jemand einen DNS-Test durchführen wird – das ist nämlich die deutsche Bezeichnung.

Merkwürdig außerdem: Auf Seite 17 wird Lee Harvey Oswald als der Schütze identifiziert, der die Schüsse auf den ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy abgegeben hat – dies wird allerdings im Laufe des Romans entkräftet.

Aber wie gesagt – an so etwas soll es nicht scheitern. Doch dann driftet die Story etwa ab Seite 335 total ins Unglaubwürdige ab. Konnte man bis dato dem Buch noch einiges abgewinnen, entwickelte sich der Thriller langsam aber sicher zu einem Gebilde aus Fantasy und Science Fiction – allerdings auf total uncharmante und unglaubwürdige Art und Weise. Fans von Verschwörungstheorien wird damit wohl auch nur ein geringer Gefallen getan sein, denn indirekt hat der Autor mit seiner ganz eigenen Welt-Verschwörung jegliches Potenzial für weitere Theorien zunichte gemacht. Außerdem wirken die Planungen der Geheimorganisation reichlich undurchdacht – innerhalb von vierzig Jahren hätte es vermutlich dutzende Möglichkeiten gegeben, die den Plan hätten zum Scheitern verurteilen können. Um nicht zuviel vom Ende zu verraten, darf darauf an dieser Stelle leider nicht näher eingegangen werden.

Wer nach den vorherigen 550 Seiten noch immer nicht den Glauben daran verloren hat, dass das Buch zumindest noch durch eine logische Auflösung gerettet wird, dürfte nach den letzten Seiten eines Besseren belehrt worden sein – weshalb man bei diesem Buch die Auflösung auch nur eingeschränkt bewerten kann. Drücken wir’s mal so aus: Freunde lückenloser Aufklärung dürften an der „Auflösung“ wohl kaum ihre Freude haben.

Weitere Nebenstränge vermögen auch nur bedingt zu überzeugen – denn bedauerlicherweise kommt auch „Invisibilis“ nicht ohne die penetranten, klischeehaften Love-Storys aus, die bei manchen Romanen schon Pflichtprogramm zu sein scheinen. In Bezug auf die Auflösung wirkt das Ganze doppelt schlimm – statt die Seiten mit solchen Lückenfüllern aufzublähen, wäre es wünschenswert gewesen, dass sich der Autor mehr auf eine lückenlose Aufklärung beschränkt. Man möge mich nicht falsch verstehen … Grundsätzlich habe ich nichts gegen Romanzen etc. in Romanen. Aber wenn, sollte dem Leser nicht das Gefühl eines Seitenfüllers vermittelt werden.

Ein wirklich offensichtlicher Logikfehler hat sich im Übrigen auch eingeschlichen. Dass der G8-Gipfel 2007 nicht in New York City sondern in Deutschland stattfand, dürfte inzwischen selbst der letzte verstanden haben (angesichts jener in den Tagen Anfang Juni scheinbar allgegenwärtigen Medien-Berichten war das ja nicht zu übersehen) – abgesehen davon hat der Gipfel noch nie in New York stattgefunden.

Um das Ganze abzurunden, haben sich übrigens selbst im Klappentext einige Fehler eingeschlichen: Weder heißt die weibliche Protagonistin Sarah noch spielt die Geschichte im Jahre 2006. Zumal der Leser das Buch nach 555 Seiten zuklappt und sich ratlos fragt, was man wohl für „tödliche Experimente auf dem Meeresgrund“ gemeint hat …

Alles in allem ein Thriller, den man entweder liebt oder hasst – etwas dazwischen gibt es nicht. Obwohl ich sonst eigentlich ein großer Fan von Thrillern mit Verschwörungen bzw. Verschwörungstheorien bin, konnte mich „Invisibilis“ leider kaum überzeugen.

Marc van Allen: Invisibilis.
Ullstein Taschenbuch Verlag, Berlin, Februar 2007.
555 Seiten, Taschenbuch.

Martin Palm

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