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Tarquin Hall: Die verschwundene Dienerin: Ein Fall Fall für Vish Puri
Privatermittler Vish Puri hat zurzeit alle Hände voll zu tun. Er muss nicht nur für eine reiche Familie in Neu-Delhi einen potentiellen Heiratskandidaten für die Tochter auf Herz und Nieren prüfen, sondern zugleich einen vermeintlichen Mord aufklären. Ein angesehener Anwalt der Stadt steht unter dem Verdacht, seine Dienerin geschwängert zu und sie dann fortgeschickt zu haben. Das Mädchen ist zumindest spurlos verschwunden und hat nicht einmal seinen letzten Lohn eingefordert, bevor es sich auf und davon gemacht hat. Als eine Leiche auftaucht, die dem Dienstmädchen Mary ähnlich sieht, wird der Fall komplizierter. Doch wie soll Puri eine junge Frau finden, von der er weder den Nachnamen, noch ihren Aufenthaltsort weiß?
Tarquin Halls erster Fall des Privatermittlers Vish Puri entführt Fans von ruhigen, besonnenen und wenig spannenden Krimis in eine andere Welt. Die Welt Indiens mit all ihren Komplikationen, Schichtunterschieden, dem Festhalten am Kastenwesen und der hohen Bedeutung des familiären Ansehens. All diese Themen reißt der Autor zumindest im Kern an und lässt sie in die Ermittlungen einfließen. Land und Leute lernt man hier dennoch nur bedingt kennen. Es scheint fast, als hätte der britische Autor kein internationales, sondern eher ein indisches Publikum vor Augen gehabt. Fremdworte werden zumindest im Glossar erklärt, wirklich auf Besonderheiten der Kulturen eingegangen wird aber nicht.
Und doch ist der vorgestellte Stoff insgesamt unterhaltsam durch die Persönlichkeit des Ermittlers. Vish Puri ist ein in die Jahre gekommener Mittfünfziger und mit Leib und Seele Punjabi. Obwohl es nicht gut für seine Gesundheit ist, liebt er fettes Essen, lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen und gibt seinen Angestellten witzige Spitznamen. Unterstützt wird er von seiner Ehefrau Rumpi und nach einem fehlgeschlagenen Anschlag auf sein Leben auch von seiner besorgten Mutter, die keinen Stein auf dem anderen lässt, um die Sicherheit ihres geliebten Sohnes zu gewährleisten. So gibt es immer, wenn schon nicht nervenaufreibende Spannung, ab und an etwas zu lachen und einen gut aufgebauten Fall zu beobachten.
Angenehm zu lesen, unkonventionell, aber nicht der große Wurf. Eher für die Leser und Leserinnen, die selten zu Krimis greifen und dort nicht Nervenkitzel pur suchen.
Tarquin Hall: Die verschwundene Dienerin: Ein Fall Fall für Vish Puri.
Heyne, Januar 2010.
384 Seiten, Taschenbuch, 8,95 Euro.