Ich habe Frank Goosens "Radio Heimat" auf einer längeren Autofahrt gehört. Und, klar, die Geschichten auf dieser Doppel-CD haben mir die Fahrt verkürzt. Es ist ganz lustig, wenn ein Tantchen die Wichtigkeit von sauberer Unterwäsche hervorhebt - "falls man mal ins Krankenhaus muss" -, und es weckt nostalgische Erinnerungen, wenn Goosen davon erzählt, wie jemand bei dem legendären Boxkampf von Muhammad Ali gegen George Foreman in Zaire mitten in der Nacht aufgestanden ist, um das Ereignis im Fernsehen zu verfolgen. Habe ich damals ebenfalls gemacht. Auch einiges andere - vieles mit Ruhrpott-Kolorit - auf dieser CD hat bei mir (47) zumindest ein Lächeln hervorgerufen.
Aber: Meine 16-jährige Tochter, die ebenfalls mit im Auto saß, konnte mit alldem rein gar nichts anfangen. Und genau da offenbart sich das Problem von Goosens Geschichen. Sie sind ein wenig angestaubt. Menschen, die heute im Ruhrpott aufwachsen, erleben eine völlig andere Art von Realität, die mit Goosens Geschichten nur noch wenig zu tun hat. Goosen steht in der Tradition eines Jürgen von Manger oder Wilhelm Herbert Koch ("Anton", sachtä Cervinski für mich), also jenen Barden, die die Ruhrpott-Romantik zwischen Currywurst, Kleingartenanlage und Eckkneipe hochgehalten haben. Das mag in den 60er Jahren zum Schreien komisch gewesen sein, heute ist es das nur noch sehr bedingt.
Also: Wenn Sie einem Ruhrpott-Menschen zum (mindestens) 50. Geburtstag etwas schenken möchten, haben Sie mit dieser CD gute Chancen auf einen Treffer, wird das Geburtstagskind aber erst 20, sollten Sie die Finger davon lassen.
Frank Goosen: Radio Heimat.
Roof Music, Januar 2010.
CD, 12,97 Euro.