22 Jahre Geschichte einer Lübecker Kaufmannsfamilie - vier Generationen, etliche Charaktere, 758 Seiten, Thomas Manns Erstlingswerk, erschienen 1901.
Na, wenn das nicht mindestens verwirrend, vielleicht sogar langweilig ist - welcher Erstlingsromanautor kann schon so eine Fülle an Informationen ansprechend verarbeiten, ohne dass er sich verzettelt, sein Thema aus den Augen verliert, ohne dass die Figuren flach und nichtssagend bleiben?
Thomas Mann kann und bekommt 1929 den Nobelpreis für Literatur dafür.
Ein Gesellschaftsroman über eine Familie im Wandel.
Geprägt ist sie, als die Geschichte 1835 mit Johann Buddenbrook, dem Älteren, einsetzt, von Großbürgertum, gesellschaftlichem Prestige und nüchtern-distanziertem Kaufmannsgeschick. Mit jeder neuen Generation jedoch verfallen diese „Werte“ mehr, gesellschaftliche Werte werden hohl. Bereits Christian, einer der Enkel Johanns, des Älteren, hat, während Bruder Thomas die Geschäfte führt, bereits andere als die gut situierten Kontakte. Er lebt ein „Lotterleben“, hält Bekanntschaft mit Künstlern, genießt das Leben in Theatern und Klubs. Die Familie „verfällt“ der Kunst, verschwimmt, wird emotional, anti-bürgerlich, nicht mehr lebensfähig, kulminiert in der Figur des letzten Stammhalters Justus Johann Kaspar (Hanno), der,
von klein auf kränklich, übersensibel und labil, hin- und hergerissen zwischen der Erfüllung der Erwartungen der Familie und dem Ausleben seiner künstlerischen Neigungen, schließlich früh stirbt.
Ein wunderbarer Roman, zielsicher gestrickt aus treffsicheren Dialogen (teilweise Mixturen aus Hochdeutsch, Plattdeutsch und Französisch) und Beschreibungen, lebendigen Charakteren, wechselnden Erzählperspektiven und unterschiedlichen Darreichungsformen (u.a. Briefe, Gedichte, Artikel) - dadurch lebensecht und authentisch, kurzweilig, interessant, spannend, kurzum: eine Lesereise nach Lübeck mehr als wert.
Thomas Mann: Buddenbrooks.
Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main, November 2005.
768 Seiten, Taschenbuch.