Ein Krimi muss nicht immer mit Erscheinen des Kommissars am Tatort beginnen. Dass es auch anders geht beweisen die Autoren mit ihren Kurzkrimis in diesem Buch.
Ihr Mann ist genau vor drei Monaten gestorben, als Sarah ihm im Supermarkt über den Weg läuft. Ihre Blicke treffen sich für einen Moment, dann ist er wie vom Erdboden verschluckt. Hat Sarah sich das nur eingebildet? Alles eine Form ihrer Trauerbewältigung? David ist bei einer Flut umgekommen, seine Leiche wurde bisher noch nicht gefunden. Natürlich gibt dieses Erlebnis im Supermarkt Sarah reichlich zu bedenken. Ab diesem Punkt beginnt sie, ihren Mann regelmäßig zu sehen und an ihrem eigenen Gemütszustand zu zweifeln. Ist es möglich, dass sie sich in diese Wahnvorstellungen verrannt hat? Als sie überzeugt ist, nur einer Sinnestäuschung aufgesessen zu sein, steht David am Halloweenabend vor ihrer Haustür und hat eine Geschichte zu erzählen …
Flüssig und problemlos lässt sich Laura Brodies Roman über Trauer, Liebe und Loyalität lesen. Hier hat man es mit dem klassischen Buch für Zwischendrin zu tun, ohne dass es gleich als leichte Kost abgestempelt wird. Im Mittelpunkt steht ausnahmsweise nicht eine Witwe, die ihren Mann heiß und innig geliebt hat und nun im Angesicht seines Todes die Selbstaufgabe übt, bis ein anderer Mann sie aus ihrer Lethargie reißt. Ja, man will beim Lesen sogar meinen, dass Sarah den Tod von David sehr gut verkraftet hat und erst im Supermarkt wieder wirklich daran denken muss. Mit jeder Zeile wird deutlicher, dass ihre Ehe mit David alles andere als aus dem Bilderbuch entsprungen war und es in der Beziehung der beiden zu zahlreichen Komplikationen gekommen ist.
Leider bleibt der Roman bis zum Ende im Großen und Ganzen vorhersehbar und mag nicht recht vom Hocker reißen. Der Grund dazu lässt sich, von den leicht klischeebelasteten Figuren einmal abgesehen, nur schwer benennen. Hier fehlt das fesselnde Element, dass Leserinnen, an die sich das Buch vor allem richtet, an den Roman binden würde. Sicher bietet er gute Kost für diejenigen, die keine brave und einfache Liebesgeschichte lesen wollen, kann darüber hinaus aber kaum überzeugen. Man liest und liest, nur um am Ende zu einer Schlussfolgerung zu kommen, die sich problemlos schon knapp vor der Hälfte der Seiten ziehen lässt.
Ein Buch für Zwischendurch, das zwar nicht leichte Kost ist, von dem aber letztlich wenig im Gedächtnis bleibt.
Laura Brodie: Ich weiß, du bist hier.
dtv, Juni 2010.
340 Seiten, Taschenbuch, 14,90 Euro.