Junge Autoren aus Lateinamerika bekommt man eher selten zu lesen. Nun hat die Buchreihe „Knaur Lemon“ den 1970 geborenen Argentinier Pedro Mairal entdeckt. Obwohl Una noche con Sabrina Love sein Debütroman ist, gilt er in seinem Heimatland bereits als Kultautor. Das Buch erhielt dort einen renommierten Literaturpreis und wurde erfolgreich verfilmt.
„Eine rasante Komödie in der Tradition von Pedro Almodovar“ verspricht der Klappentext. Das macht neugierig. Dabei ist der Plot zunächst nicht besonders originell: Unerfahrener Junge vom Dorfe kommt in die große Stadt, macht seine ersten sexuellen Erfahrungen mit einer Prostituierten und verliebt sich dann in ein gleichaltriges Mädchen. Im dicht besiedelten Mitteleuropa würde eine solche Geschichte eher altbacken wirken. Doch Daniel Montero, der siebzehnjährige Held des Romans, lebt in Curruguazu, einem gottverlassenen Kaff in der argentinischen Pampa. Die nächste Stadt ist stundenweit weg, oft ist der Ort durch Überschwemmungen von der Außenwelt abgeschnitten. Hier leben nur alte Leute wie Daniels Oma, deren einziger Spaß und Tor zur Welt das Fernsehen ist. Daniel arbeitet tagsüber auf einer Hühnerfarm und zieht sich nachts die Programme eines Pornokanals rein. Sein eintöniges Leben gerät schlagartig in Bewegung, als er eines Tages eine Nacht mit dem Pornostar Sabrina Love gewinnt. Er verlässt das trostlose Nest und macht sich ohne Geld in den Taschen auf nach Buenos Aires.
Hier beginnt ein Road Movie. Mit immer wieder neuen Lastwagenfahrern trampt Daniel durch ein unendliches, einsames Land. Wird dort mit seiner Vergangenheit konfrontiert- ein Fahrer erzählt von einem Freund, der vor Jahren einen Unfall verursachte, bei dem ein Ehepaar starb: Daniels Eltern. Er begegnet Viehtreibern, Soldaten und Indigenas, lernt allerlei Außenseiter kennen, bevor er irgendwann den Rio de la Plata erreicht hat. Orientierungslos irrt er durch Buenos Aires, nur mit der Adresse des Bruders eines Freundes in der Tasche. Der entpuppt sich dann als schwuler Lederfreak, und Daniel platzt mitten in eines von Ramiros exzentrischen Kostümfesten rein. Dort lernt er die junge Studentin Sofia kennen. Doch bevor er ihr näher kommt, ist da noch der Grund seiner Reise: Die Nacht mit Sabrina Love, der Pornodarstellerin und Edelhure. Die wirkt gleich viel menschlicher als im Film und bringt dem Jungen bei, was er bei Sofia später brauchen kann. Nebenbei erfährt er noch so einiges aus ihrem Alltag, was nicht mehr so glamourös ist...
Die Stärke des Romans liegt in den Figuren, die durchwegs liebenswürdig beim Leser rüberkommen. Sei es der schüchterne Daniel, der nun endlich das richtige Leben kennerlernt, sei es der wilde S/M-Kerl Ramiro, der im täglichen Umgang ganz umgänglich und sympathisch wirkt, oder die selbstbewusste und doch verletzliche Hure Sabrina. Teilweise ist der Autor allerdings allzu sehr in die Landschaftsbeschreibungen seiner Heimat verliebt, denen er sehr viel Platz einräumt. Was für einen Leser, der Argentinien nicht kennt, durchaus auch interessant sein kann.
Ein Manko ist allerdings die lieblose deutsche Ãœbersetzung, die sich an manchen Stellen wie ein drittklassiger Schulaufsatz liest. Offenbar gibt es zu wenig gute Ãœbersetzer vom Spanischen ins Deutsche.
Pedro Mairal: Eine Nacht mit Sabrina Love.
Droemer Knaur, München, 2002.
190 Seiten, Taschenbuch.