Futter für die Bestie
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Gruselig geht's in unserer Horror-Geschichten-
Anthologie zu. Auf Gewalt- und Blutorgien haben wir allerdings verzichtet. Manche Geschichten sind sogar witzig.
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Margrit Schriber: Die falsche Herrin
Jetzt bestellen bei amazon.de! Hochstapler-Geschichten faszinieren Menschen seit jeher. In die Rolle eines anderen schlüpfen, den eigenen Alltag mit einem fremden tauschen, dem Bekannten entfliehen und von der Spannung des Ungewöhnlichen, des Verbotenen packen lassen. Sie füllen Liebesromane, Kinostreifen und Klassiker der Literaturgeschichte.
Mit Margrit Schribers historischen Roman „Die falsche Herrin“ finden die Tom Ripleys, Felix Krulls und Harry Pendels eine weitere Kollegin. Anna-Maria Inderbitzin wird von dem Großgrundbesitzer Joannes nach dem Tod ihres Vaters aufgenommen. In seinen Diensten wächst sie zu einer reizvollen schönen Frau heran, deren melodische Stimme bei jedem Sympathie findet. Anziehend wirkt die junge Frau auch auf ihren Dienstherren, der sie aber vor Gericht schonungslos behandelt, nachdem Anna-Maria ihn zur Flucht beraubte. Damit beginnt ihre kriminelle Karriere. Denn Anna-Maria ist nicht zur Waschfrau geboren. Sie liebt das Ästhetische, besonders fasziniert von Gärten. Bereits die Parkanlage von Joseph Anton Reding beeindruckt sie zutiefst. Er ist der mächtigste Mann des Landes Schwyz und bekleidet unter anderem auch das Amt des Richters, der Anna-Maria verurteilt. Dennoch gelingt es ihr, sich als Waschfrau bei den Redings einzuschleichen. Aber hier kann sie ihre Sehnsucht nach der Schönheit der Gärten nicht befriedigen. Und so entschließt sie sich zu einer gefährlichen Reise aus dem Tal, in dem ihre Heimat liegt, hinaus. Tapfer schlägt sie sich durch und erfährt von dem Entdecker Magnus Weber von den Prachtgärten von Versaille. Ihr Ziel steht von diesem Zeitpunkt an fest. Und der Weg dorthin ist gepflastert mit Diebstählen und Lügen. Letztendlich gibt sich Anna-Maria in täuschend echter Nachahme als die einzige Tochter Joseph Anton Redings aus und lebt über ihren Geburtsverhältnissen als Gast eines französischen Adligen.
Aber selbst zu Beginn des 18. Jahrhunderts versiegen Neuigkeiten nicht über Staatsgrenzen. Bald schon erfährt Reding von der Hochstapelei, auf die eine Todesstrafe durch den Galgen verhängt wird.
In jeder der Gerichtsverhandlungen, bei denen Anna-Maria auf der Anklagebank vor ihr Joseph Anton Reding sitzt, schildert Schriber vorsichtig subtil und dennoch enorm fassbar, wie unbeabsichtigt wirkungsvoll ihre Protagonistin ist. Ihre äußerliche Erscheinung macht sie ansehnlich. Sie ist völlig in sich gekehr,t verschlossen, was sie mystisch und geheimnisvoll macht und sie scheint ohne jede Reue oder Angst vor den Richter zu treten und ihre Bestrafungen über sich ergehen zu lassen. Auf seltsam groteske Art zeichnet Schriber mit Anna-Maria also eine stille Revolutionärin. Sie nimmt ihr Schicksal nicht hin, sie akzeptiert die Rolle nicht, die ihre Geburt ihr zugeteilt hat.
Ihre Affinität zu Prachtgärten wird dabei zum Bild für die Sehnsucht nach Freiheit, nach Unbeschwertheit, Ästhetik und Selbstbestimmung. Schriber zeichnet die hierarchische Gesellschaft des 18. Jahrhunderts an zwei Personen nach: Anna-Maria Inderbitzin und Joseph Anton Reding. Beide mimen das jeweilige Gegenstück des anderen. Er – reich, mächtig, angesehen. Sie – mittellos, unbedeutend, verachtet. Mit Durchhaltevermögen und uneinsichtiger Sturheit unternimmt Anna-Maria alles, um diesen Rollen zu entfliehen, stets unter der Motivation, die Gärten von Versaille zu sehen. Ein für ihre Situation derart naiver Wunsch, der innerhalb des Romans eine unermessliche Bedeutung entfaltet. Denn Versaille ist das andere Leben.
Bei dem Erreichen ihres Ziels wird Anna-Maria für den Leser dabei zum fremden Wesen. Schriber lässt Leser und Protagonistin nie aufeinandertreffen, sie hält sie stetig auf Distanz. Von Anna-Marias Erlebnissen erfährt er über das Geschwätz von Waschfrauen oder von einem anonymen Erzähler, der alle ihre Taten vorsichtig im Konjunktiv ausdrückt, als wäre Anna-Maria eine Sagengestalt. Nie sieht der Leser in ihren Kopf, liest ihre Gedanken oder erfährt, was sie beim Anblick eines Gartens empfindet. Faszinierend auch ihre Fähigkeit, Menschen nachzustellen. Ihr analysierender Blick, ihre detailgetreue Nachahmung. Schließlich entpuppt sich Anna-Maria als Mensch mit Sinn für das Feine, der zum Groben geboren wurde. Und vielleicht ist es diese Ungereimtheit, die den Leser über ihre Skrupellosigkeit hinwegsehen lässt. Wenn sie gewissenlos Bauern bestiehlt und belügt, so beschleicht den Leser doch das Gefühl, sie tue es einem höhergestellten Zweck zu Liebe. Und von ihrer geheimnisvollen Art lässt er sich vollkommen einziehen und verführen.
Schriber gelingt mit „Die falsche Herrin“ ein historischer Roman mit viel sprachlichem und gedanklichem Tiefgang, dem es weder an Spannung noch an einem sagenhaften Ende fehlt. Ein besonders fesselndes Detail erscheint dann in einem kurzen Nachwort des Romans: Denn die Gerichtsverhandlungen von Anna-Maria Inderbitzin beruhen auf historischen Dokumenten.

Margrit Schriber: Die falsche Herrin.
dtv, August 2010.
144 Seiten, Taschenbuch, 7,90 Euro.

Sabrina Greifenhofer

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