Ralf Isaus Bücher sind immer etwas Besonderes. Nicht nur, was er schreibt, auch das wie unterscheidet ihn und seine Werke von dem Gros, das uns die deutschsprachigen Verlage offerieren.
Jedes seiner Bücher will dem Leser etwas mitgeben, ihn zum Nach- und Weiterdenken anregen. Insofern sind seine Romane auch nicht unbedingt für den schnellen Gebrauch konzipiert, muss der Rezipient Zeit mitbringen, bis sich die Geschehnisse entfalten und die Geheimnisse lösen.
Dass man nach ein paar wenigen Seiten weiß, wo die Reise hingeht, wird man bei Ralf Isau nicht finden. Insofern hat der Verfasser es im modernen Verlags-Business auch ein bisschen schwer gehabt. In der Nachfolge Michael Ende bei Thienemann gestartet kam er mit seinen Erwachsenen-Thrillern zunächst zu Lübbe, bevor er inzwischen bei Piper heimisch wurde. Die eigentlich gedeihliche Zusammenarbeit mit Thienemann endete, und der sympathische Autor fand bei cbj, dem Jugendbuchableger von Random House eine neue verlegerische Heimat.
In seinem ersten Roman für cbj nimmt er sich auf seine ganze eigene, bewusste Art eines Themas an das gerade in unserer modernen Welt immer mehr an Bedeutung gewinnt – die Zeit.
Zeit, die wir haben oder nicht haben, Zeit, die wir sinnvoll und bewusst nutzen sollten, Zeit, die uns fehlt, die uns wegläuft, deren vermeintliches Fehlen uns stresst.
Verpackt hat er seine nachdenkenswerten Ansätze einmal mehr in eine packend Handlung.
Die fünfzehnjährige Sophia reist aus ihrem Schweizer Internat nach Berlin. Nachdem sie erst vor ein paar Monaten beide Elternteile aufgrund eines plötzlichen Herzstillstands verloren hat, muss sie nun erneut einen schweren Gang antreten. Dass ihr ihr Großvater persönlich nicht bekannt war, hilft da auch nicht viel, denn auch der alte Mann starb überraschend in seiner Wohnung an einem Herzstillstand. Wiederholt sich hier die Geschichte, oder ist dies ein Hinweis auf – ja auf was überhaupt?
Erneut hat des Ralf Isau geschafft, mich die Zeit vergessen zu lassen, und an seine Seiten zu bannen.
Wie immer weiß er nicht nur ein spannendes Garn zu spinnen, sondern auch viel Wissenswertes zu vermitteln. In den Erinnerungen Theos erfahren wir so viel über das Leben und Denken im antiken Römischen Weltreich.
Neben dieser historischen Ebene entführt uns der Verfasser in die Welt ohne Gefühle. Mekanis, der Name ist hier Programm, eine Welt, in der mechanische Pressen und Krieger, gigantische Monstren und ihr herz- und gefühlloser Herrscher agieren, in der für Gefühle kein Platz ist. Gerade in dem Kontrast zur Handlung in der Jetztzeit und der Erinnerungen Theos wirkt die sterile und gefühlskalte Welt um so abschreckender.
Verpackt in eine fesselnde Handlung, stilistisch gelungen warnt der Autor hier vor der immer mehr um sich greifenden Gefühlskälte. Das ist Anspruch und Spannung, verbindet Phantasie mit einer nachvollziehbaren Warnung und nicht nur für jugendliche Leser ein Erlebnis.
Ralf Isau: Der verbotene Schlüssel.
cbj, November 2010.
512 Seiten, Gebundene Ausgabe, 18,99 Euro.