Vicki Senger ist eine junge Frau, der das Leben bisher nichts geschenkt hat. Im Waisenhaus aufgewachsen, nach Monaten auf der StraĂe, ist sie erst seit Kurzem dabei, ihr Dasein in geordnete Bahnen zu lenken. Ein Hobby hat sie: Urban Exploring. Bei jeder Gelegenheit zieht sie mit ihrer Kamera los, um in Industriebrachen und anderen alten GemĂ€uern Fotos zu machen.
So wie in dieser halb verfallenen Brauerei in Solalinden, im SĂŒden MĂŒnchens. Beim ersten Versuch vor ein paar Tagen war das Licht nicht richtig. Diesmal ist es ideal, und sie knipst fröhlich drauflos. Bis sie einen groĂen MĂŒllsack findet.
Aus dem eine Hand herausragt.
Eine Hand mit rosa lackierten FingernÀgeln.
Als die hinzugerufene Polizei ihre Speicherchips haben will, hĂ€lt sie jedoch einen davon zurĂŒck.
Daheim entdeckt sie auf ihrer ersten Fotoserie einen Gegenstand, der auf den neuen Fotos verschwunden ist, und beschlieĂt, auf eigene Faust ein wenig zu ermitteln.
Nichts ahnend, dass sie sich damit ins Visier eines gefÀhrlichen Mörders bringt ... der sein Opfer nicht nur getötet, sondern ausgeblutet und enthauptet hat.
âSo unselig schönâ ist der dritte Roman um Kommissar Konstantin (Tino) DĂŒhnfort, den es aus dem Norden Deutschlands nach MĂŒnchen verschlagen hat. Diesmal ist er einem besonders brutalen Frauenmörder auf der Spur. Schnell wird klar, der Mörder hat nicht das erste Mal getötet. Und er ist eine tickende Zeitbombe, die jederzeit hochgehen kann.
Tino fĂ€llt es schwer, sich auf den Fall zu konzentrieren; in seinem Privatleben lĂ€uft nicht alles rund. Er fĂŒhlt sich noch immer zu Agnes hingezogen, von der er seit Monaten getrennt ist. Gleichzeitig wird ihm (endlich, möchte man als Leser rufen) klar, dass seine Kollegin Gina mehr als nur kollegiale GefĂŒhle fĂŒr ihn hegt. Hin- und hergerissen zwischen zwei Frauen, beherrscht von seinem Wunsch nach einer Familie, bevor er dafĂŒr zu alt wird, Angst vor drohender Einsamkeit - das sind nicht die idealen Voraussetzungen, um es mit einem ebenso brutalen wie intelligenten Serienkiller aufzunehmen. Und so lĂ€sst er des Ăfteren seine Launen an seinen Untergebenen aus.
Zu allem Ăberfluss pfuscht ihm die junge Vicki ins Handwerk.
Inge Löhnig hat eine hochspannende Fortsetzung der DĂŒhnfort-Reihe vorgelegt. Freunde des kochenden Feinschmecker-Kommissars kommen auf ihre Kosten - zwischendrin findet er ein wenig Zeit, leckere Mahlzeiten zu brutzeln oder Restaurants auszuprobieren. Die Ermittler sind alte Bekannte und die Weiterentwicklung der zwischenmenschlichen Beziehungen interessant. Da ist noch Raum fĂŒr weitere Entfaltung - solange das âMenschelndeâ nicht die FĂ€lle zu sehr in den Hintergrund drĂ€ngt.
Gekonnt wie in einem guten alten englischen Krimi bekommt der Leser frĂŒhzeitig mehrere VerdĂ€chtige prĂ€sentiert und kann mitraten, was sich erheblich spannender liest als ein am Ende aus dem Hut gezauberten Killer. Schicht fĂŒr Schicht werden die GrĂŒnde fĂŒr die schrecklichen Taten freigelegt. Dabei bringt die Autorin den Leser hautnah an den TĂ€ter heran.
Eine ganz besonders lebendige Figur ist Inge Löhnig mit Vicky gelungen, dieser quirligen Frau, die trotz ihrer SchicksalsschlĂ€ge ihr Leben meistert. Fast wĂŒnsche ich mir, dass sie mal wieder DĂŒhnforts Weg kreuzt.
Und wie geht es mit ihm weiter? Ich bin gespannt auf den nÀchsten Fall ...
Inge Löhnig: So unselig schön.
Ullstein Verlag, Januar 2011.
431 Seiten, Taschenbuch, 8,95 Euro.