Glück ist für jeden etwas anderes. Unter der Herausgeberschaft von Katharina Joanowitsch versuchen unsere Autoren 33 Annäherungen an diesen schwierigen Begriff.
Seit 17 Jahren teilt Lennie ihr Leben mit der um zwei Jahre älteren Schwester Bailey. Diese ist ein Sonnenschein und stellt das kleine Schwesterchen immer in ihren Schatten. Und doch sind sie unzertrennlich, bis zu dem Tag, an dem Bailey stirbt. Ein Loch hinterlässt sie in Lennies Leben und dieser fällt es schwer, überhaupt zurück in den Alltag zu finden. Sie rückt näher zusammen mit Baileys Verlobten Toby, merkt aber bald, dass dies nicht gut ist. Toby sucht auch ihre körperliche Nähe und genau das fällt Lennie schwer. Sie fühlt sich, als würde sie Bailey betrügen. Doch dann erscheint der musikalisch begabte Joe in Lennies Leben und ihre Gefühlen fahren plötzlich Achterbahn.
Jandy Nelson wandert mit ihrem Roman »Über mir der Himmel« auf dem schmalen Grat zwischen Liebe und Trauer und zeigt, dass das eine ohne das andere kaum existieren könnte. Sie lässt Lennie trauern, aber auch lieben. Lässt sie weinen, aber auch lachen. Und diese Gesätze machen den Roman aus. Erste Liebe und die unendlich große Trauer über den Verlust ihrer Schwester. Und dann ist da noch deren Verlobter, der immer wieder in Lennies Leben auftaucht und mit dem sie fast im Bett landet. Das aber kann nicht Liebe sein, entscheidet Lennie und trifft stattdessen auf den süßen Joe und erfährt, was dieses tiefe Gefühl wirklich bedeutet.
Die Geschichte fesselt und berührt, das tut sie aber gar nicht so sehr wegen der eigentlichen Geschichte. Das Besondere an »Über mir der Himmel« sind Lennies Notizen, die sich vor und hinter den Kapiteln finden. Wann immer ihr ein Gedanke, ein Gespräch mit ihrer Schwester oder ein Gedicht in den Sinn kommt, notiert sie diese auf kleinen Papiern, die sie dann irgendwo in ihrer Umwelt zurücklässt. Menschen finden manchmal diese Schnipsel, und an anderen Tagen liest sie nur der Wind. In diesen kleinen Fetzen aus Lennies altem und gegenwärtigem Leben wird ihre innere Zerrissenheit wirklich deutlich und als Leserin, an die sich das Buch vordergründig richtet, lernt man Lennie hier erst so richtig kennen.
Die Lektüre eignet sich vor allem für Mädchen ab vierzehn, fünfzehn Jahren. Es geht um ernsthaften Beziehungsaufbau zu Jungs und die bereits erwähnten Gefühle, die das Leben ausmachen. »Über mir der Himmel« ist ein wichtiger Roman, wenn auch die Geschichte gar nicht so wild ist. Die Notizen sind die wahren Juwelen!
Gute Lektüre einer überzeugenden Autorin, die ihre Gedanken mit großen Effekten einzusetzen weiß.
Jandy Nelson: Ãœber mir der Himmel.
cbj, August 2010.
352 Seiten, Gebundene Ausgabe, 14,95 Euro.