Dingerchen und andere bittere Köstlichkeiten
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In diesem Buch präsentiert sich die erfahrene Dortmunder Autorinnengruppe Undpunkt mit kleinen gemeinen und bitterbösen Geschichten.
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Tony Duvert: Als Jonathan starb (1978)
Jetzt bestellen bei amazon.de! Der Maler Jonathan lebt in der Abgeschiedenheit einer ländlichen Gegend schon fast als Einsiedler. Eine einzige Nachbarin hat er, sonst kommt er nicht viel unter Leute. Seine bisherige Karriere läuft alles andere als blühend, doch er liebt die Malerei und hält an ihr fest. Als seine Bekannte Barbara ihren etwa sechsjährigen Sohn Serge den Sommer über bei Jonathan lassen möchte, gerät er in Aufregung: Zwischen Jonathan und Serge hat sich in der Zeit, die der erwachsene Mann in Paris und der unmittelbaren Nähe zu Barbara und Serge gewohnt hat, eine besondere Beziehung entwickelt und beim bloßen Gedanken daran, Zeit mit dem Jungen zu verbringen, steht Jonathans Welt Kopf. Und Serge kommt tatsächlich den Sommer über aufs Land, heckt allerhand Streiche aus, bringt Jonathans Leben auf Trab. Nicht nur mit den Regenwürmer aus dem Garten experimentiert Serge, sondern auch mit Jonathans Körper …

Eindringlich und feinfühlig geht Tony Duvert, der 2008 verstarb, in seinem Roman aus den späten Siebzigern auf die Facetten von pädophiler Liebe ein. Seine stärkste Figur ist dabei nicht etwa Jonathan, sondern vielmehr der junge Serge. An seinem Beispiel entwickelt der französische Autor ein völlig neues Bild von Kindheit und löst den Glauben an kindliche Unschuld ab. Jonathan selbst ist um die 25 Jahre alt, hat der Welt den Rücken zugekehrt und Serges Mutter Barbara ist eine seiner wenigen Kontakte zur Außenwelt. Die Frau hat durchaus gemerkt, dass zwischen ihrem kleinen Sohn und dem Maler etwas vorgeht, das sie nicht zu verstehen vermag. Aus diesem Grund entschied sie sich damals dafür, ihren Sohn nicht mehr bei Jonathan übernachten zu lassen und die beiden räumlich zu trennen. Die verschiedenen Trennungen zwischen Jonathan und Serge lassen sich im Roman lebhaft spüren. Drei Etappen der Beziehung zwischen dem erwachsenen Mann und dem sechsjährigen Jungen können die Leser und Leserinnen im Verlauf des Romans erleben und die eindrücklichsten sind die Passagen, in denen die beiden nicht zusammen sind. Jonathan verliert seinen Lebensmut in dieser Zeit, gibt sich fast vollständig auf, als ihm bewusst wird, dass er Serge vermutlich nie wiedersehen wird.

»Als Jonathan starb« ist ein kontroverses, aber selbst nach mehr als dreißig Jahren immer noch brisantes Buch. Es lebt vor allem von den starken Figuren und dem Schreibstil des Autors. Ihm gelingt es, mit spartanisch wenigen Worten, einen Sachverhalt auf den Punkt zu bringen und in einer Geschichte, deren Mittelpunkt auch kindliche Sexualität ist, Diskretion zu wahren und doch mit wenigen Andeutungen alles zu sagen. Besonders komplex stellt Duvert die Beziehung zwischen Jonathan und Serge dar – er reflektiert aber auch den Standpunkt der damaligen – und heutigen! – Gesellschaft.

Jonathan erlebt in den beschriebenen Wochen und Monaten ein Auf und Ab seiner Gefühle, wird zum Spielball eines kleinen Jungen und zieht sich – mit Serges Abreise am Ende des Sommers – wieder ganz in sich zurück. Die Stadien dieser Beziehung spiegeln sich einerseits im Interesse der Gesellschaft an Jonathans Malereien, andererseits im inneren Dialog des Mannes. Tony Duvert bringt Jonathans Wesen problemlos auf den Punkt und schafft es so, den Mann, dessen Absichten ihn vermutlich nicht stärker von den Lesern und Leserinnen trennen könnten, ebendiesen Menschen ganz nahe zu bringen. Sein Schicksal berührt und man möchte sich gegen die gesellschaftlichen Konventionen auflehnen, ja, das geht sogar so weit, dass man in die Lage versetzt wird, Jonathan zu verstehen.
In Zusammenhang mit einem Luftgewehr, welches für den Jungen von besonderem Interesse ist, kommt es sogar zur folgenden Aussage: „Dann bringe ich dich jetzt um“, schloss Serge und lachte. Jonathan gab ihm einen Kuss: Noch niemand hatte ihn so sehr geliebt, um ihm ein solches Angebot zu machen. Serge steht für Unberechenbarkeit und so ist das Ende des Romans trotz dem eindeutigen Titelverweis offen gehalten: Welchen Tod wird Jonathan schließlich finden?

Ein eindrücklicher, brisanter Roman, dessen Figuren nicht stärker sein könnten! Die Lektüre berührt, rüttelt an vorgefertigten Meinungen und ruft zum Verständnis für den erwachsenen Maler auf. Insgesamt ein überaus lesenswertes Buch, angefüllt mit vielen starken Szenen.

Tony Duvert: Als Jonathan starb (1978).
Männerschwarm, Februar 2011.
223 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,00 Euro.

Janine Gimbel

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