Die Fantasy haben wir in dieser von Alisha Bionda und Michael Borlik herausgegebenen Anthologie beim Wort genommen. Vor allem fantasievoll sind die Geschichten.
Janne Teller: Krieg - Stell dir vor, er wäre hier
Es ist nur ein schmales Büchlein. Nicht größer und kaum dicker als ein Reisepass. Es ist kein Roman im eigentlich Sinne. Es ist nur ein Gedankenspiel.
Wir hören viel über das Leid von Kriegsflüchtlingen, aber bleibt ihr Leben, bleiben ihre Probleme nicht immer irgendwie abstrakt? Was würde geschehen, wenn Europa vom Krieg überzogen würde. Was würde geschehen, wenn wir nicht mehr in unserem Land bleiben könnten, ohne um unser Leben zu fürchten? Wie würde die Welt uns aufnehmen?
Zunächst einmal wird klar, dass der Fortgang keine leichte Entscheidung sein wird. Irgendwann wird sie trotzdem gefällt. Doch dann muss die nächste Entscheidung getroffen werden: wohin flüchten. Niemand will weitere Flüchtlinge aufnehmen. Europäer gelten als schlecht angepasst und sie können nichts als „Papiere umdrehen“. Dann ist endlich ein Land gefunden, aber das Einleben ist dort nicht einfach. Es gibt zu viele Flüchtlinge, die Sprache ist schwer zu lernen und Vorurteile arbeiten gegen uns. Irgendwann, nach vielen Jahren, ist das neue Leben endlich geglückt, aber tief innen drin erinnert man sich immer noch an das Leben, wie es in Europa vor dem Krieg war. Und plötzlich weiß man, was man verloren hat. Aber es gibt kein Zurück mehr.
Janne Teller hat wie gesagt nicht einen Roman geschrieben, sondern ein Gedankenexperiment. Trotz der Kürze ist das Büchlein zutiefst beeindruckend und wirkt noch lange nach. Und ist es nicht sinnvoll, sich bei all den Diskussionen um Integration auch einmal gedanklich auf die andere Seite zu stellen?
Janne Teller: Krieg - Stell dir vor, er wäre hier.
Hanser, März 2011.
64 Seiten, Gebundene Ausgabe, 6,90 Euro.
