Die Fantasy haben wir in dieser von Alisha Bionda und Michael Borlik herausgegebenen Anthologie beim Wort genommen. Vor allem fantasievoll sind die Geschichten.
Donald Ramsey hat eine Menge erreicht in seinem Leben. Ihm gehört eine angesehene Kunstgalerie in London, an Geld und geschĂ€ftlichen Beziehungen mangelt es nicht. Seine neue Assistentin Anna beflĂŒgelt seine Phantasie, aber alles ist im normalen Bereich. Bis sie ihre groĂe Liebe findet. Donald kann es nicht fassen. Ja, ihm war klar, dass er es nicht sein wird, aber dieser ..., dieser ... Gartenzwerg? Der muss es doch nun wirklich nicht sein. Donald ist ein sehr visuell orientierter Mensch, nicht nur in Bezug auf seinen Beruf, sondern auch in Bezug auf seine sexuellen Vorstellungen. Die Sache selbst scheint ihm weit weniger wichtig zu sein, als dabei zu sehen, zu beobachten. Ein echter Voyeur eben.
Er engagiert einen Gigolo, um Anna von ihrem Freund zu trennen, als seine Assistentin plant, mit diesem nach Amerika zu gehen. Sehr schnell gerĂ€t die Situation auĂer Kontrolle und Mord ist plötzlich eine durchaus gangbare Option.
Die Geschichte spielt in einer PrĂ€-Handy-Ăra, was manchmal unfreiwillig komisch wirkt, weil ein Teil der Spannung daraus gezogen wird, dass sie Protagonisten sich eben nicht mal schnell anrufen, mailen, SMSen können, sondern geduldig warten mĂŒssen, bis der GegenĂŒber wieder erreichbar ist oder gar eine Telefonzelle gefunden hat.
Der Roman ist in der Ich-Form, aus der Sicht von Donald geschrieben. Jonathan Steck gibt Donald eine perfekte Stimme, eine Mischung aus seriös und getrieben, die Donalds Wahnsinn gut spiegelt. Allerdings hatte ich so meine Schwierigkeiten mit den Passagen, in denen Zeppo - der Gigolo - zu Wort kommt. Beckett beschreibt seine Ă€uĂerliche Erscheinung sehr genau, was einen deutlichen Kontrast zu Zeppos gangsterhaftem Charakter bildet. Stecks Interpretation ist perfekt fĂŒr Zeppos Charakter, jedoch konnte ich sie ĂŒberhaupt nicht mit den mehrfach eingeflochtenen Beschreibungen seines nach auĂen gezeigten Erscheinungsbildes verbinden. Das fĂ€llt immer dann auf, wenn Becket eine Beschreibung einbringt. Ich habe mich noch nicht entschieden, ob ich das genial oder misslungen finde, dass Zeppo beschrieben wird wie Brad Pitt und klingt wie ein Laufbursche von Al Capone.
Insgesamt habe ich die 6 CDâs gerne bis zum Ende durchgehört, es blieb durchgehend spannend, immer mit der Frage: Was lĂ€sst Donald sich jetzt wieder einfallen?
Simon Beckett: Voyeur, gelesen von Johannes Steck.
Argon Verlag, April 2010.
6 CDs, 19,95 Euro.