Claudia Kern: Sissi, die Vampirjägerin: Scheusalsjahre einer Kaiserin
Wir kennen und schätzen sowohl die französische Revolution als auch den Unabhängigkeitskrieg der vereinigten Staaten als Aufstand des gemeinen Volkes gegen die dieses knechtende und unterdrückende Monarchie. Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, so die Schlagworte, mit denen das Volk die verhassten, sie ausbeutenden Adeligen zum Teufel schicken wollte.
Was aber, wenn die Europa beherrschenden Fürstenhäuser und ihre Dynastien von Fremden unterwandert wären – Fremden, die Blut trinken, die Menschen beeinflussen und die oftmals seit Jahrhunderten ihre Ränke spinnen?
Von dieser Prämisse ausgehend erzählt uns Claudia Kern ihre etwas andere Liebesgeschichte rund um Elisabeth in Bayern genannt Sissy und dem Aushängeschild der Vampire, Kaiser Franz-Josef von Habsburg.
Die etwas andere Mythenaufbearbeitung der Claudia Kern
Was mit dem Überraschungserfolg „Stolz und Vorurteil und Zombies“ seinen Anfang nahm, die Vermischung klassischer Stoffe mit einer phantastischen Variation, das findet seinen Niederschlag auch im deutschsprachigen Bereich.
Nicht Jane Austens Werk oder Shakespeares Bücher dienen vorliegend als Blaupause für den Handlungsrahmen, sondern die aus den Verfilmungen mit Romy Schneider in der Hauptrolle bekannte Handlung um das glamouröse Kaiserpaar. Dabei fließen immer wieder Reminiszenzen an die Filme in den Text mit ein, ohne dass diese deplatziert oder übertrieben wirken würden. Statt dessen hat Claudia Kern, die in den letzten Jahren mit ihrer gefeierten Trilogie um den verwaisten Thron (Blanvalet Verlag) für Furore sorgte, die filmische Vorlage geschickt mit historischen Fakten verknüpft, und ihre ganz eigene Vampirsaga geschaffen.
Dabei schildert sie ihre Blutsauger als despotische, ausbeuterische Wesen ohne Herz und Mitleid, die ihre Machtbasis mit allen Mitteln zu schützen trachten. Natürlich geht dies nicht ohne jede Menge kitschiger Szenen ab, bietet dann aber immer wieder auch packende Kämpfe, jede Menge Intrigen und überraschende Wendungen.
Ihre Figuren hat die Autorin sehr unterschiedlich ausgestaltet. Im Mittelpunkt des Buches stehen naturgemäß die das spätere Kaiserpaar. Während Franz-Josef gerade in seiner inneren Zerrissenheit zwischen seinem ungeliebten Vampirerbe, der Ausnutzung durch seine „Tante“ der Erzherzogin Sophie und seiner wahrhaftigen Zuneigung zu Sissi überzeugend und vielschichtige dargestellt wird, bleibt Sissi selbst lange Zeit blass. Zu vordergründig offeriert sich hier ihre Zeichnung, zu wenig geht die Autorin hier auf ihre inneren Zweifel und ihre sicherlich chaotische Gefühlswelt ein.
Dennoch bietet sich das Buch als amüsante, humorvolle Aufarbeitung eines Themas an, das die Meisten von uns nur aus der gefeierten Verfilmung kennen, das allerlei Überraschungen für den Leser bereit hält, und das sich dem bekannten Ende zum Trotz interessant und kurzweilig liest.
Claudia Kern: Sissi, die Vampirjägerin: Scheusalsjahre einer Kaiserin.
Panini Books, Februar 2011.
316 Seiten, Taschenbuch, 12,95 Euro.