Peggy Wehmeier zeigt in diesem Buch, dass Märchen für kleine und große Leute interessant sein können - und dass sich auch schwere Inhalte wie der Tod für Kinder verstehbar machen lassen.
Nach sechsjähriger Pause ist Tabor Süden, ehemaliger Hauptkommissar im Münchner Vermisstendezernat, zurück. Ein Anruf seines seit 35 Jahren verschwunden Vaters holt ihn wieder in die „verhunzte Stadt“. Neben dieser privaten Suche hat er jedoch noch einen offiziellen Fall zu lösen: Angeheuert von einer Privatdetektei soll er den vor zwei Jahren verschwundenen Wirt Raimund Zacherl, genannt „Mundl“, suchen. Von heut auf morgen veränderte sich dieser scheinbar grundlos, wurde immer verschlossener und verschwand schließlich ganz. Süden verfolgt die Spur des Wirtes bis nach Sylt, wo Zacherl ein neues Leben starten wollte, und muss feststellen, dass keiner den Wirt wirklich je gekannt hat. „So ist es oft. Wir finden einen Verschwundenen, begleiten ihn nach Hause, die Angehörigen werden endlich ihre Umarmungen los, und wenn sie dann einen Schritt zurücktreten, erkennen sie, dass sie anstelle des Heimgekehrten bloß dessen Schatten festgehalten haben.“
„Süden“ ist ein wunderbar schwermütiger Roman, der vor allem durch seine Sprache besticht. Viele Sätze sind einfach zu schön, um sie nur einmal zu lesen: „Doch er dachte an ihn, weil die tiefe Nacht wie eine schwarze Sonne in ihm aufstieg. Das begriff er bloß noch nicht.“
Friedrich Ani beweist einmal mehr, dass ein spannender Kriminalfall nicht aus Mord und Totschlag bestehen muss. Noch wichtiger auch als die reine Spurensuche nach Südens Vater oder Raimund Zacherl sind die persönlichen Schicksale seiner Figuren – Bennie, den seine Mutter wegen eines Sexabenteuers alleine in der Wohnung zurücklässt und dessen einzige „Aufpasser“ John Dillinger und Frank Black (seine imaginären Freunde) sind, die Wirtin, die immer noch schwarz trägt - die der Autor so anrührend schildert und die seine Geschichten ausmachen.
Bleibt nun bloß zu hoffen, dass der neue Süden nicht weitere sechs Jahre auf sich warten lässt!
Friedrich Ani: Süden.
Droemer, März 2011.
368 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,99 Euro.