Sookie Stackhouse, die blonde, vollbusige Kellnerin aus Bon Temps, einem kleinen Kaff mitten in Louisiana, steckt wieder tief drin in der Bredouille.
Natürlich sind die Supras, übernatürliche Wesen, wieder einmal schuld, dass alles, was irgendwie schiefgehen kann, auch schiefgeht, dabei wollte Sookie doch nur den Haushalt ihrer verstorbenen Kusine in New Orleans auflösen. Doch dann beruft die Vampir-Königin von Louisiana Sookie in ihr Gefolge, Werwölfe überfallen und kidnappen sie und ihren neuen Verehrer, Dämonen werden auf ihrem Grundstück in zwei Stücke gehackt, Hexen beleben die Geschehnisse der Vergangenheit neu und nur zu bald wird deutlich, dass der frisch verheiratete Gemahl der Vampirkönigin einen perfiden Plan hegt, und seine Angetraute beseitigen will. Und wer ahnt von dem Anschlag, wer könnte diesen vielleicht verhindern - wir ahnen es, natürlich muss es wieder unsere wackere Sookie treffen, die sich doch eigentlich nur nach ein wenig Ruhe und Geborgenheit sehnt - doch als ruhig kann man ihr Leben wahrlich nicht bezeichnen, muss sie doch auch noch erfahren, dass ihre erste Liebe sie hintergangen und ausgenutzt hat ...
Charlaine Harris Geschichten um die toughe Kellnerin verbindet eine überzeugende Darstellung des Lebens der einfachen Leute in den Südstaaten der USA mit einer phantastischen und temporeichen Handlung.
Mittlerweile ist Sookie uns so richtig ans Herz gewachsen. Sie, die von Jugend an die meist nicht eben erbaulichen Gedanken ihrer Mitmenschen lesen kann - stellen Sie sich nur vor, was ihrem Galan beim ersten Date nicht alles durch den Kopf gehen kann... - steht, obwohl sie nie eine weiterführende Schule besucht hat, mit beiden Beinen fest auf der Erde. Mit einer gesunden Portion Menschenverstand gepaart mit einem großen Herz und Gutgläubigkeit an das Gute im Menschen repräsentiert sie das, was man sich unter einem guten Kumpel, einem echten Freund vorstellt. Allzeit hat sie ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte ihrer Umgebung, hat trotz jeder Menge eigener Sorgen und Schicksalsschläge ihren Optimismus nie verloren.
Und das Schicksal hat es nicht gut mit ihr gemeint. Ihre Liebhaber, zwei Vampire und ein Werwolf, zählen nicht unbedingt zu dem, was man im streng gläubigen Bible-Belt der USA als respektable, gute Partien ansehen würde.
Ihre direkte, offene Art die auch stilistisch adäquat umgesetzt wurde, macht Sookie als Protagonistin gerade für die Zielgruppe der weiblichen Leser so sympathisch. Hier ist eine emanzipierte Frau, die sich ihren Platz in der Welt hart erarbeitet hat, die ständig kämpfen muss, um rum zu kommen und die ihren Humor allen Ereignissen zum Trotz nie verloren hat. Das passt, das hat neben dem Drive der Handlung auch romantische Einschübe, das liest sich leicht und locker, temporeich und doch, so manches mal zwar erst auf den zweiten Blick, ein wenig tiefsinnig.
Gleichzeitig ist Sookie eine empfindsame, leicht verletzliche Frau mit wenig Erfahrung in Liebesdingen, die so manches Mal auf die falschen Männer hereinfällt. Hier bietet sich den Leserinnen eine Identifikationsfigur an, die ihnen aufzeigt, dass allen Widrigkeiten zum Trotz jede ihr Glück selbst schmiedet, die Mut macht nicht aufzugeben, sondern forsch nach vorne zu schauen.
Gleichzeitig bieten die Romane ein adäquates Sittengemälde des Lebens in den relativ armen, wenig industrialisierten Südstaaten der USA.
Vorliegender Roman, immerhin bereits der sechste der Reihe, führt uns erstmalig ein wenig aus der üblichen Welt Sookies heraus. Bereits in einem der vorhergehenden Titel hatte sie einmal die Luft der Schönen und Reichen schnuppern dürfen, diesmal droht, ob sie will oder nicht, ihre Zwangsrekrutierung als Mitglied des Hofstaates.
Ich muss zugeben, dass ich die übliche Welt unserer Kellnerin, ihr Roadhouse, die sozialen Verflechtungen in ihrem kleinen Kaff ein bisschen vermisst habe. In der Welt der Empfänge, der Smokings und Abendkleider kommt diese, ohne dies jetzt negativ zu meinen, vom Wesen her einfache Frau nicht richtig zur Geltung und verliert an Überzeugungskraft. Die Welt des Scheins, der Vorspiegelung und der Intrigen ist nicht ihr Spielfeld - dazu ist Sookie zu ehrlich und sympathisch gestrickt.
Zwar entwickelt sich die Pseudo-Historie der Supras weiter, erfahren wir immer mehr über die Hintergründe der bisherigen Titel, doch ein Teil des Charmes, den die bisherigen bei »Feder & Schwert« bzw. »dtv« erschienen Romane auszeichneten, ist dabei verlorengegangen.
Doch auch unter den oberen Zehntausend, gleich ob lebendig oder tot, wird Sookie sicherlich ihre Frau stehen.
Noch anzumerken bleibt, dass dtv mitten in der Reihe das Format vom Trade Paperback zum Taschenbuch wechselt – leider ein Ärgernis.
Charlaine Harris: Ball der Vampire.
dtv, München, Mai 2007.
381 Seiten, Taschenbuch.