Gruselig geht's in unserer Horror-Geschichten- Anthologie zu. Auf Gewalt- und Blutorgien haben wir allerdings verzichtet. Manche Geschichten sind sogar witzig.
Um 1230, im Harz:
Helena von Eversbrück, genannt Lena, lebt zurückgezogen in einem Kloster. Vor einem Jahr hat sie Unfassbares erlebt: Eine Räuberbande hat ihren Hochzeitszug überfallen und alle niedergemetzelt. Nur sie hat überlebt.
Das Einzige, was ihrem Leben einen Sinn gibt, ist ihre Gabe: Sie kann Menschen in die Seele schauen und ihr Leid lindern.
Als die Äbtissin ihr eröffnet, dass sie Elise, der Gemahlin des Grafen Dietmar von Birkenfeld, helfen soll, die seit der Geburt ihres Sohnes von seltsamen Anfällen heimgesucht wird, ist Lena entsetzt. Sie soll die Sicherheit der Klostermauern verlassen? Doch sie willigt ein und versucht, Zugang zu der verstörten Gräfin zu finden.
Kurz nach ihrer Ankunft quartieren sich zwei geheimnisvolle Reisende als Gäste des Grafen ein: Philip, genannt Aegypticus, der Sohn eines Kreuzritters und einer Ägypterin, und sein muslimischer Freund Said al-Musawar. Philip gibt vor, das Land seiner Väter kennenlernen zu wollen. Gleichzeitig scheint er selbst dunkle Geheimnisse zu verbergen.
Und was hat es mit der Räuberbande auf sich, die wiederholt Graf Dietmars Eisenerzlieferungen an seinen Lehnsherren überfällt?
Lena ahnt nicht, dass viele Geheimnisse mit ihr in Beziehung stehen – und sie selbst in größter Gefahr schwebt.
Die Autorin legt hier ihren ersten historischen Roman vor, was man als Leser kaum glauben mag. Die verschiedenen Handlungsstränge sind ausgefeilt und geschickt miteinander verwoben. Ohne historische Großereignisse im Hintergrund wird hier eine spannende Geschichte von Menschen erzählt; Menschen mit Fehlern, Menschen, die traumatische Erlebnisse verarbeiten, aber auch Hass und Neid, Intrigen und Ränkeschmiederei erfahren und Verbrechen begehen. Fragen des Glaubens und der Toleranz gegenüber Andersgläubigen spielen ebenso eine Rolle wie manche unrühmliche Wahrheit über die Kreuzritter.
Liebe und Freundschaft kommen spielen auch große Rollen.
Melanie Metzenthin ist Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Sie hat sowohl mit Traumatisierten als auch mit Straftätern gearbeitet. So verwundert es nicht, dass ihre Stärke besonders in der Figurenzeichnung liegt. Bis in die Nebenfiguren hinein sind die Figuren lebensecht, glaubwürdig und handeln nachvollziehbar. Detaillierte Recherche lassen die Handlung wie Bilder vor den Augen des Lesers entstehen. Sehr lebendige, authentische und mit einer Prise Humor gewürzte Dialoge ziehen einen so in den Bann der Geschichte, dass man das Buch nur sehr ungern aus der Hand legt.
Aus sicherer Quelle weiß ich, dass es weitere historische Romane der Autorin geben wird. Ich bin gespannt ...
Melanie Metzenthin: Die Sündenheilerin.
Piper, Juli 2011.
464 Seiten, Taschenbuch, 9,95 Euro.