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Vladimir Sorokin: Der Tag des Opritschniks
Jetzt bestellen bei amazon.de! In seiner Dystopie, schildert Vladimir Sorokin einen Tag im Leben des Andrej Danilowitsch Komjaga, seines Zeichens Opritschnik im Dienste des russischen Gossudaren.
Die Opritschnina ist keine Erfindung Sorokins, sondern geht auf Iwan IV. (besser bekannt als „der Schreckliche“) zurück, der sich im 16. Jahrhundert eine kleine Armee nur ihm ergebener Elitesoldaten schuf.
Die Insignien der mörderischen Bruderschaft sind der Besen sowie der Hundekopf. Mit diesen Symbolen sollen sowohl die absolute Unterwerfung der Opritschniki unter den Willen des Gossudaren, als auch deren rücksichtslose Härte im Umgang mit seinen Gegnern symbolisiert werden.
Der aus der Sicht Komjagas geschriebene Roman ist im Jahre 2027 angesiedelt. Der Gossudar herrscht mit eiserner Strenge. Kritiker des Regimes leben ebenso gefährlich, wie der unbotmäßige Teil des Adels. Beide müssen jederzeit damit rechnen von den Opritschniki entführt, gefoltert und getötet zu werden.
Im Verlauf der Geschichte (des Komjaga-Day, wenn man so will) ist der Opritschnik an zahlreichen Verbrechen beteiligt. Er ermordet einen in Ungnade gefallenen Adligen, vergewaltigt dessen Ehefrau, versucht einen regimekritischen Künstler zu liquidieren, nimmt illegale Drogen, erpresst Wegezoll und lässt sich bestechen. Machen diese fraglos verabscheuungswürdigen Taten den Opritschnik damit zum gewissenlosen Profiteur eines durch und durch verachtenswerten Systems?
Nur zum Teil, denn Komjaga tut was er tut in der festen Überzeugung ein gutes Werk zu verrichten. Er betet zu den Heiligen und wendet sich vertrauensvoll an Gott mit der Bitte ihn vom Laster des Rauchens zu befreien. Komjaga ist bemüht seine Lippen nicht mit Flüchen zu beschmutzen. Er erfreut sich an seichter Musik und idyllischen Landschaftsbildern. Allein der Gedanke an die vergangene Größe Russlands ist imstande ihn zu Tränen zu rühren.
Die Schizophrenie die der Opritschnik regelmäßig an den Tag legt ist bemerkenswert. Während er einerseits die Korruption innerhalb der Zollbehörde geißelt, hält er die eigene Bestechlichkeit für so selbstverständlich, dass er nicht einmal auf die Idee kommt, sie müsse gerechtfertigt werden.
Weiter wird Komjaga nicht müde, die Weisheit und Weitsicht des Gossudaren zu preisen, obwohl er viel besser als die meisten anderen Menschen weiß, dass der Alleinherrscher das Land in eine Totalabhängigkeit gegenüber China manövriert hat. Der russische Bürger der Zukunft schläft in chinesischen Betten, fliegt mit chinesischen Flugzeugen und sitzt auf chinesischen Toilettenschüsseln. Nur seine immer noch immensen Rohstoffvorkommen garantieren Russland einen gewissen Rest an Eigenständigkeit.
Der Bezug der Geschichte zur Jetztzeit ist offensichtlich. Das Postengeschachere der Herren Putin und Medwedew wecken ebenso Zweifel am Funktionieren der russischen Demokratie, wie der Mord an Anna Politkowskaya, oder der Prozess gegen den (ehemaligen) Oligarchen Michail Chodorkowski.
Der „Tag des Opritschniks“ ist absolut lesenswert, auch wenn Sorokin es hier und da versäumt seinen Roman auf die Spitze zu treiben. Der Gedanke, dieses Buch Maljuta Skuratow, einem bekannten Anführer der „echten“ Opritschniks zu widmen ist originell und trägt dazu bei den Leser zu Beginn des Buches über die Position des Autors im Unklaren zu lassen.
Spannend ist die ebenso mutige wie ambivalente Darstellung des Andrej Danilowitsch Komjaga. Sorokin musste für diese Figur mit Applaus von der „falschen Seite“ rechnen, der dann auch prompt kam. Gegner einer lebendigen Demokratie feierten den „Opritschnik“ als prophetisches Werk indem die „Feinde des Landes“ schon mal nachlesen könnten, was ihnen im Russland der Zukunft blühen würde.
Für viele Menschen verkörpert die Opritschnina vor allem Stärke. Eine Stärke der repressiven Art natürlich, doch richtet diese Repression sich nahezu ausschließlich gegen erklärte Gegner des Regimes oder aber gegen den hohen (Geld-) Adel. Gruppen denen 99% der Menschen nicht angehören. Gerade dann, wenn die Opritschnina einmal mehr einen Plutokraten, einen der „Mächtigen“ ins Visier nimmt, denkt manch weniger begüterte Bürger: „Recht geschieht denen die raffen!“.
An irgendeinem Punkt seines Romans aber muss es Sorokin geängstigt haben, einen angstgraues, nur aus Brutalität und falschem Pathos geknüpftes Leichentuch zu weben, denn immer wieder irritiert der Autor durch die Einführung „unbekannter Zukunftsgegenstände“ wie „lebendgebärender Mäntel“, was beim Leser eher für Verwirrung den für Erheiterung sorgt.
Später lässt er die Opritschniki in einer bruderschaftsintern ausgetragenen Orgie der Mannesliebe frönen, was weder an die Libido der meisten Leser appellieren dürfte, noch die Geschichte sonderlich voranbringt. Vielleicht handelt es sich bei dieser Episode um den Versuch Sorokins die von ihm geschaffene Variante der Opritschnina auf der Zielgerade zu demontieren, doch arbeitet sich der durchschnittliche Mitteleuropäer nun mal einfach ungern durch zwei Seiten detailliert geschilderten Analverkehrs ohne dass er im Zuge dessen durch Lust- oder doch wenigstens Erkenntnisgewinn belohnt wird.
Fazit: „Der Tag des Opritschniks“ ist gut, wenn auch nicht ganz so gut, wie er hätte sein können. Der Witz hätte noch etwas mehr Bosheit, die Gewalt etwas mehr Zweck und die stillen Momenten noch etwas mehr Wärme vertragen.
Die kühle, klare Sprache Sorokins ist dagegen uneingeschränkt zu loben. Dem Autoren mag das sprachliche Funkeln eines Jerofejew abgehen, doch dafür weiß er durch punktgenau gesetzte, wuchtige Sätze zu überzeugen.
Die zahlreichen politischen Unkorrektheiten mit denen Sorokin immer wieder aufwartet sind ebenso mutig wie unterhaltsam. Das fällt vor allem dem deutschen Leser auf, da „seine“ Autoren allenfalls mit erotischen Ausfällen aufwarten, wohingegen sie in allen Bereichen die eine gewisse politische Brisanz in sich bergen vor allem um Konsens bemüht sind.

Vladimir Sorokin: Der Tag des Opritschniks.
Kiepenheuer & Witsch, Januar 2008.
220 Seiten, Gebundene Ausgabe, 18,95 Euro.

Michael Zandt

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