Françoise Sagan: Ich glaube, ich liebe niemanden mehr
Françoise Sagan schrieb ein kleines, aber feines Tagebuch, um mit den Begleiterscheinungen der Entgiftung ihres Körpers in einem Sanatorium für Nervenkranke fertigzuwerden. Dieses Sanatorium skizziert sie mit dem Bild der „sanften, schizophrenen Damen, ... einen veilchenblauen Hut auf dem rastlosen Kopf, der manchmal eigensinnig einem kleinen Gedanken nachjagt, einem wundervollen kleinen Gedanken, der sie ganz und gar erfüllt.“ Schmerzen und Angst, Einsamkeit trieben sie in diese literarische Arbeit. Während die Dosierung der Ampullen allmählich reduziert wird und die Entzugserscheinungen eine dreitätige Schlafkur erforderlich machen, gewinnt sie in kleinen Schritten ihr Leben zurück.
Ihre Gedanken werden geistreich, mit Tiefsinn und Humor offenbart. Dabei schildert sie (einundzwanzigjährig) pointiert ihre Erinnerungen an ihr altes Leben: „Zum Beispiel, da saß ich mit einem Mann, der mir gefiel, drei Reihen hinter dem Mann, den ich liebte.“
Als sie nach einem kurzen Aufenthalt das Sanatorium verlassen darf, endet ihr Tagebuch (Originaltitel „toxique“) mit den Worten. „Ich habe seit vier Monaten Angst. Ich habe Angst und bin es leid, Angst zu haben.“
Die von Ärzten verursachte Drogenabhängigkeit hat sie nie mehr überwinden können. Als sie 2004 verarmt starb, hinterließ sie ihrem Sohn gigantische Steuerschulden. Bis zum letzten Tag vor der Verjährung überlegte ihr Sohn, Denis Westhoff, ob er das Erbe ausschlagen solle. Um die Rechte an den Werken seiner Mutter zu behalten, beschloss er dankenswerterweise zu kämpfen. Nach drei langen Jahren und mit der erbetenen Hilfe von Nicolas Sarkozy konnte er mit der Neuauflage der Werke beginnen und über die Verkaufserlöse den Schuldenberg abtragen.
Nun hat der Aufbau Verlag dieses wunderschöne rote Buch herausgebracht, genial illustriert von dem Expressionisten Bernard Buffet. Ein literarischer Schatz, dem das Nachwort der französischen Journalistin Pascale Hugues beigefügt wurde, um auch jüngeren Menschen Françoise Sagan näher zu bringen.
Fazit: Das Buch ist eine wahre Freude für literarische Fans, die auch beim mehrmaligen Lesen, immer wieder Neues entdecken können.
Françoise Sagan: Ich glaube, ich liebe niemanden mehr.
Aufbau Verlag, September 2011.
88 Seiten, Gebundene Ausgabe, 14,99 Euro.