Unsere Literaturzeitschrift Schreib-Lust Print bietet die neun besten Geschichten eines jeden Quartals aus unserem Mitmachprojekt. Dazu Kolumnen, Infos, Reportagen und ...
Im nächsten Jahr jährt sich der Untergang der Titanic zum einhundertsten Mal und es stand zu erwarten, dass einige neue Titanic-Romane oder Filme erscheinen würden. Aber dieser Roman ist so viel mehr als „noch ein Titanic-Roman“. Titus Müller fokussiert die handelnden Personen, nicht so sehr das Schiff und die Kollision. Es geht hier um die Menschen und die Begrenzungen, die ihnen durch Schichtzugehörigkeit und Erziehung aufgelegt sind, um internationale Zusammenhänge zwei Jahre vor dem ersten Weltkrieg, der sich schon ankündigt, um Fortschrittsglaube und Beharren auf Traditionen. Titus lässt Figuren unterschiedlicher Herkunft aufeinanderprallen, und schaut, was passiert. Alle hässlichen Vorurteile werden sichtbar, aber auch Menschen, die in Notsituationen über sich herauswachsen und zu Opfern bereit sind. Genau recherchiert und mit einer Liebe zum Detail, die gelegentlich etwas ausufert, in einer der Zeit herrlich angepassten Sprache - „Telephon“ mit ph passt einfach wunderbar zu dem ganzen Prunk und Protz auf dem Luxusdampfer - entführt der Autor uns beim Lesen vollständig in dieses Jahr 1912. Es empfiehlt sich, den Leseraum gut zu heizen, denn das eiskalte Salzwasser quillt in den Szenen nach dem Untergang fast aus den Buchseiten, so dicht ist man beim Geschehen dabei.
Fazit: Großes Lesevergnügen, großes Kopfkino und es ist schön, dass historische Romane auch mal das Mittelalter verlassen dürfen. Mehr davon!
Titus MĂĽller: Tanz unter Sternen.
Blessing, September 2011.
400 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,95 Euro.