Das Ruhrgebiet ist etwas besonderes, weil zwischen Dortmund und Duisburg, zwischen Marl und Witten ganz besondere Menschen leben. Wir haben diesem Geist nachgespĂŒrt.
Einer von fĂŒnfundzwanzig. Diese Zahl geht Hauptkommissarin Nele Karminter nach einem Seminar bei der Psychologin Dr. Sternberg nicht mehr aus dem Kopf. Einer von fĂŒnfundzwanzig Menschen besitzt kein Gewissen. Er gehört zu dem Personenkreis mit antisozialer Persönlichkeitsstörung und wird in der psychologischen Terminologie als Soziopath oder auch als Psychopath bezeichnet.
Von ĂŒberraschend einsetzenden Halluzinationen gequĂ€lt, muss Miriam Singer auf der Heimfahrt vom Kampfsporttraining in einer unbewohnten Gegend anhalten und wird von einem dunkel gekleideten Mann angegriffen. Dank ihrer hervorragenden körperlichen Konstitution gelingt ihr die Flucht.
In der NĂ€he des verlassenen Wagens von Miriam Singer findet Anouschka Rossberg, Kollegin und Geliebte von Nele Karminter, in einer verlassen Schweinemastanlage eine merkwĂŒrdig bleiche und schrecklich entstellte weibliche Leiche. Die Obduktion ergibt, dass der Körper der Frau mit Wasserstoffperoxid, einem Mittel zum Bleichen von Haaren, ĂŒbergossen und verĂ€tzt wurde. Ein langsamer und Ă€uĂerst qualvoller Tod.
Bei der Untersuchung des Blutes von Miriam Singer stellt sich heraus, dass ihr am Abend des Ăberfalls ein BetĂ€ubungsmittel namens Scopolamin verabreicht wurde. Diese Substanz kann starke Halluzinationen hervorrufen. FĂŒr Nele und Anouschka steht fest, dass ein Psychopath Jagd auf Frauen macht und Miriam als Opfer ausgesucht hat. Beide befĂŒrchten, der TĂ€ter könne erneut zuschlagen.
Doch Miriam wird trotz polizeilicher Bewachung aus ihrem Haus entfĂŒhrt und die Polizistin, die zu ihrer Bewachung abgestellt war, getötet. FĂŒr Nele Karminter und Anouschka Rossberg beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit.
Gleichzeitig lĂ€sst die junge Polizistin Tanja Schildknecht, die zusammen mit Nele das Seminar von Frau Dr. Sternberg besucht hat, ein Fall hĂ€uslicher Gewalt nicht los, der sie befĂŒrchten lĂ€sst, der Ehemann des Opfers könne einer von fĂŒnfundzwanzig sein.
Und da ist noch der Privatdetektiv Alexander Seitz, der im Auftrag ihrer Eltern die verschwundene SchĂŒlerin Daniela Gerstein sucht und der den gröĂten Fehler seines Lebens begeht.
ErzĂ€hlt wird die Handlung in stĂ€ndigem Wechsel aus den Perspektiven Nele Karminters, Anouschka Rossbergs, Miriam Singers, des Privatdetektivs Alexander Seitz, Tanja Schildknechts und der misshandelten Ehefrau Nicola Sadowski. Durch die Vielzahl der Figuren und ErzĂ€hlstrĂ€nge ist der Einstieg in Andreas Winkelmanns Thriller auf den ersten Seiten zunĂ€chst verwirrend und unĂŒbersichtlich und es dauert einige Zeit, bis man die Personen und Handlungselemente auseinanderhalten kann. Doch wer sich davon nicht abschrecken lĂ€sst, wird schnell in den Strudel der wahnwitzigen Ereignisse hineingezogen.
Das sympathische und glaubwĂŒrdige Personal bietet viel Spielraum fĂŒr Identifikation und der Leser fiebert von Seite zu Seite mit den Figuren mit. Ăberraschende Wendungen und schnelle Perspektivwechsel erzeugen atemlose Spannung. Die zunĂ€chst unverbundenen HandlungsstrĂ€nge fĂŒhrt Andreas Winkelmann gekonnt im Finale zusammen. Und dieses Finale ist auch fĂŒr eingefleischte Thrillerfans heftig.
âBleicher Todâ ist nach âTief im Wald und unter der Erdeâ der zweite Fall fĂŒr das Polizistinnenduo Nele Karminter und Anouschka Rossberg. Auch ohne Vorkenntnisse ist der zweite Band um die beiden Protagonistinnen problemlos zu lesen. Die Informationen, die der Autor ĂŒber die Vergangenheit Neles und Anouschkas einstreut, machen eher neugierig auf den ersten Fall der beiden als das sie verwirren.
Mir hat dieser Thriller jedenfalls Appetit auf mehr gemacht.
Andreas Winkelmann: Bleicher Tod.
Goldmann, Oktober 2011.
384 Seiten, Taschenbuch, 9,99 Euro.