Peggy Wehmeier zeigt in diesem Buch, dass Märchen für kleine und große Leute interessant sein können - und dass sich auch schwere Inhalte wie der Tod für Kinder verstehbar machen lassen.
Nach Jahren im französischen Exil kehrt Muo, ausgestattet mit profundem Wissen über freudsche Traumdeutung und Psychoanalyse, aber ansonsten recht weltfremd und sexuell unerfahren, ins moderne China zurück. Er will seine einstige Liebe aus dem Gefängnis befreien und begibt sich auf eine Irrfahrt durch ein Land, das ihm völlig fremd ist. Er begegnet Frauen und korrupten Obrigkeiten, schlägt sich sogar mit einem wilden Bergstamm herum und merkt bald, dass ihm Freuds Lehren hier nichts nützen ...
Dies ist der zweite Roman des Autors der „Kleinen chinesischen Schneiderin“. Damals thematisierte er die Auswüchse der Kulturrevolution; diesmal ein Land, das nach außen modern sein will, im Innern aber marode und unfrei ist. Etwas Düsteres liegt über Muos Abenteuern, viele Szenen spielen bei Nacht oder wirken gespenstisch-surreal, es gibt einige schöne, poetische Momente, kleine, aber feine Details, die das Lesen zum Vergnügen machen. Allerdings sollte man etwas Sinn fürs Makabre und Abgründige mitbringen, denn Tragik und Komik liegen hier dicht beieinander, und bisweilen wühlt der Autor im Dreck: Leichenhallen, Hinrichtungsplätze, verschmutzte Umwelt stehen im Kontrast zu der oft skurrilen Handlung, die am Ende etwas ausfasert.
Ein bizarrer Schelmenroman mit politischem Hintergrund und eine Satire auf die dogmatische Psychoanalyse.
Dai Sijie: Muo und der Pirol im Käfig.
Piper, München, September 2005.
400 Seiten, Taschenbuch.