Die "Stadtgeschichten" des homosexuellen amerikanischen Schriftstellers Armistead Maupin, geboren 1944, haben eine lange Tradition. Bereits zu Beginn der 80er-Jahre erschienen die ersten von ihnen als Fortsetzungen im San Francisco Chronicle, spĂ€ter als Romanreihe. Band 8, "Mary Ann im Herbst", ist jetzt - ĂŒber 30 Jahre nach dem Start dieses Zyklus' - in Deutschland erschienen. Kenner der Reihe treffen viele bekannte Figuren wieder: die ehemalige Fernsehmoderatorin Mary-Ann, das homosexuelle Paar Michael und Ben, den Transsexuellen Jake oder Anna, bei der sie alle frĂŒher gewohnt haben.
Doch auch wer die Ă€lteren BĂŒcher nicht kennt, kann sich getrost an die LektĂŒre machen. Maupin macht es seinen Lesern leicht, die Charaktere kennen zu lernen und in die Geschichte hineinzufinden. ZunĂ€chst laufen einige HandlungsstrĂ€nge parallel ab, die anscheinend nichts miteinander zu tun haben. Erst am Ende fĂŒhrt Maupin alles zusammen. Mary-Ann hat Krebs und muss ich die GebĂ€rmutter entfernen lassen. Sie schlĂŒpft bei Michael und Ben unter. Jake trifft einen jungen Mormomen, der sich stark zu ihm hingezogen fĂŒhlt, und Shawna, ebenfalls eine Figur aus frĂŒheren BĂ€nden, versucht einer Obdachlosen zu helfen.
Was sich durchweg flĂŒssig und kurzweilig herunterlesen lĂ€sst, ist vielleicht in einem GroĂteil des Buches ein wenig höhepunktarm. Die Handlung im gehobenen Homosexuellen-Milieu San Franciscos plĂ€tschert so vor sich, ohne dass man den Eindruck hat, gleich auf einen Knaller zu stoĂen. Man ist sehr freundlich und fĂŒrsorglich zueinander, macht Essen, fĂ€hrt in den Skiurlaub und hat ganz allgemein viel VerstĂ€ndnis fĂŒr alles und jeden. Der Knaller kommt erst ganz am Ende mit einem mĂ€chtigen Schlussakkord, der allerdings ein klein wenig aufgesetzt wirkt. Dennoch insgesamt lesenswert.
Armistead Maupin: Mary Ann im Herbst.
Rowohlt, MĂ€rz 2012.
352 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,95 Euro.